Basar mit hehrem Anspruch

Veranstalter der „Import-Messe“ achten darauf, daß die Produkte umweltfreundlich entstehen / Schmaler Grat zwischen Hilfe und Bevormundung  ■ Von Christian Arns

Zum bunten Basar mit exotischem Flair wird die Berliner Messe einmal im Jahr: Wolltücher aus der Ukraine werden angeboten, asiatischer Schmuck und afrikanische Schnitzereien, Kunsthandwerk aus Südamerika oder handgenähte Ledertaschen. Die Import-Messe, die im April zum 33. Mal stattfindet, wird von den Veranstaltern als „faszinierender Einkaufsbummel zwischen den Kontinenten“ angepriesen.

Bummeln können keineswegs nur Fachbesucher: Parallel zur Messe, beinahe als ein Bestandteil, findet auch der Import-Shop statt. Dieser ist für alle Interessierten zugänglich, alle angebotenen Waren können gleich gekauft und mitgenommen werden. Naturtextilien werden dabei ein Schwerpunkt sein, denen gute Marktchancen in Berlin zuerkannt werden. Der Shop gilt zugleich als Test, die Vermarktungsfähigkeit einzelner Produkte herauszufinden.

Messe und Shop bieten insbesondere den Produzenten aus armen Ländern die Möglichkeit, auf den deutschen oder sogar auf den europäischen Markt vorzudringen. „Wir sind eine Einstiegsmesse“, beschreibt Pressereferent Peter Koeppen unumwunden. Den meisten Händlern wäre es im Normalfall gar nicht möglich, ihre Produkte hier vorzustellen.

Aber die Import-Messe ist eben nicht der Normalfall: So kommen die meisten afrikanischen Aussteller in Berlin privat unter, zum Beispiel bei Mitarbeitern der Messe. Die Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ) beteiligt sich an dem Projekt und greift ein, wo Unterstützung gebraucht wird. Und diese Kooperation zwischen Produzenten, Messemitarbeitern und GTZ läuft das ganze Jahr über, die Import-Messe selbst ist nur der regelmäßige Höhepunkt.

Auch wenn offiziell natürlich nicht damit geworben wird, so bestreitet niemand, daß die Messe eine Entwicklungshilfe-Veranstaltung ist. Dazu gehört, daß die Aussteller ständig mit deutschen Vorstellungen konfrontiert werden, wie die Umwelt zu schützen ist, wie erträgliche Arbeitsplätze auszusehen haben. „Partner des Fortschritts“ hieß die Messe daher früher, aber mit diesem Namen sei zu häufig völlig Falsches assoziiert worden, erklärt Pressereferent Koeppen. Als solcher Partner sieht er sich dennoch: „Wir versuchen, vor Ort einzuwirken.“

Doch Entwicklungshelfer laufen immer Gefahr, den vermeintlich Hilfsbedürftigen auch noch die Entscheidungsfreiheit zu nehmen. Dieses schmalen Grats zwischen Hilfe und Bevormundung ist sich Brigitte Hahn, Projektleiterin bei der Messe GmbH, durchaus bewußt: „Wir haben den sogenannten Fortschritt dorthin gebracht, jetzt bringen wir auch mal was Positives, weil wir selbst schlauer geworden sind.“

Dazu gehöre zum Beispiel, daß Stoffe wieder mit Henna gefärbt werden, mit Spinat oder Roter Beete, erklärt Peter Koeppen: „Die müssen zurück zu ihren alten Traditionen finden.“ Auf moderne Technik solle dabei aber keinesfalls verzichtet werden, betont der Pressereferent, „hier soll ein hohes Niveau, kein niedrigeres angestrebt werden“. Von umweltfreundlichen Produkten hätten die Hersteller langfristig mehr, da das Interesse daran steige und da die meisten ohnehin eine Marktnische finden müßten.

Erst recht profitieren die Arbeiter, wenn bei der Produktion auf Giftstoffe aller Art verzichtet wird: „Ich habe mir gerade Seidenspinnereien in Indien angesehen“, berichtet Brigitte Hahn, auf den Umweltschutz habe sie die Leiter erst gar nicht ansprechen müssen: „Die sind ganz stolz darauf, daß sie Arbeitsplätze haben, die sie vorzeigen können.“ Daß auch einzelne Aussteller der Import-Messe nach wie vor menschenunwürdig arbeiten lassen, sei dennoch nicht völlig auszuschließen. „Wir versuchen, sinnvoll in die Produktionsprozesse einzugreifen, wo immer das möglich ist.“

Doch gerade die künstlerischen Waren, die bei der Import-Messe zu bestaunen sind, würden „eher nebenbei hergestellt“, berichtet Barbara Marbrook, Projektreferentin für die Import-Messe. Letztes Jahr habe eine Frau aus Nord- Malavi kleine Hubschrauber und Lastwagen verkauft, die aus Gras geflochten werden, wenn es während der Ernte gerade nichts zu tun gibt. „Die Frau war völlig mit den Nerven runter, weil sie viel zu viele Bestellungen entgegengenommen hat. Die weiß gar nicht, ob sie das alles liefern kann.“

Gute Erfolgschancen räumt Marbrook auch einem Irokesen mit dem schillernden Namen Young Wolf ein, den sie nach zweijährigem Ringen für die Messe gewinnen konnte. Er werde nun Kunstwerke mitbringen, die zu Preisen zwischen 20 und 20.000 Mark zu haben sind. „Es muß nur ein Gallerist oder Sammler auf ihn aufmerksam werden“, beschreibt sie den erhofften Weg, „dann ist der Schritt nach Europa gemacht.“

Der ist nach Ansicht von Projektleiterin Hahn besonders für die Afrikaner schwierig. „Was die mitbringen, ist zwar für die Besucher besonders spannend, aber der Handel ist schwierig.“ Die Qualität der Gebrauchsartikel entspreche häufig nicht den hiesigen Ansprüchen. Vor allem aber schrecke die Importeure „die mangelnde Zuverlässigkeit“. Der Einfluß deutscher Organisationen auf die Produktionsprozesse müsse daher vor allem die Folge haben, daß getroffene Absprachen in der Tat eingehalten würden. Denn Interesse an afrikanischen Produkten bestehe durchaus, versichert Hahn, eine Studie der Weltbank sei im letzten Jahr zum selben Ergebnis gekommen: „Africa Can Compete“ ist der Titel dieser Untersuchung, die folgerichtig auch während des Rahmenprogramms der Import- Messe diskutiert werden soll. Vertreter von Entwicklungshilfe- Organisationen, der Bundesregierung sowie von Handelsverbänden haben ihre Teilnahme zugesagt.

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