Kohle klar, Rest offen

Bonner Regierungsparteien und SPD wollen Energiekonsensgespräche fortsetzen / SPD kompromißbereit für eine ökologische Energiesteuer  ■ Von Walter Jakobs

Bonn/Düsseldorf (taz) – Tief in der Nacht waren sie alle zufrieden. Die erste Runde der neuaufgelegten Energiekonsensgespräche war gestern gemeistert. Von einem „ersten wichtigen Schritt auf einem steinigen Weg“ sprach Bundeswirtschaftsminister Günter Rexrodt (FDP). Und Düsseldorfs Regierungsvertreter in der SPD-Delegation, Wolfgang Clement, bilanzierte einen „riesengroßen Fortschritt zugunsten der Sicherung der Steinkohle“.

In der Sache brachte das Gespräch indes nicht viel mehr als die Zusicherung der Bonner Koalitionsregierung, die bereits getroffenen und mittels Artikelgesetz festgeschriebenen Kohle-Vereinbarungen auch wirklich umzusetzen. Aber, so meinte der SPD-Vorsitzende Rudolf Scharping gestern, „ist das leider ja keine Selbstverständlichkeit mehr“.

Die im Artikelgesetz bis zum Jahr 2000 garantierten Subventionen von mindestens sieben Milliarden Mark pro Jahr werden für 1996, 1997 und 1998 auf jeden Fall ungeschmälert fließen. Die entsprechenden „Zuwendungsbescheide“ wird der Bund nach den Worten Rexrodts „baldmöglichst ausstellen“. Alles andere ist Verhandlungssache.

In den kommenden Konsensgesprächen streben die Beteiligten auch eine Verständigung über die Subventionen für die Jahre 2000 bis 2005 an. Sollten sie sich darüber nicht einigen können, so werden auf jeden Fall die im Artikelgesetz garantierten sieben Milliarden für die Jahre 1999 und 2000 ausgezahlt. Einer Absenkung dieser Beträge würde die SPD aber offenbar dann zustimmen, wenn die Koalition Regelungen über das Jahr 2000 hinaus akzeptiert. Scharping legte sich am Freitag bewußt in dieser Frage nicht fest.

Ungeklärt ist noch die Kokskohlenfinanzierung. Pro Jahr zahlen Bund und Länder der Stahlindustrie rund drei Milliarden Mark dafür, daß die ihren Stahl mit dem teuren deutschen Koks kocht. Zwei Drittel dieser Last trug bisher der Bund, ein Drittel trugen die Kohleländer Nordrhein-Westfalen und Saarland. Der Bund wollte ursprünglich eine Fifty-fifty-Regelung durchsetzen. Jetzt wurde ein neuer Verteilerschlüssel festgeschrieben. Künftig zahlen die Länder rund 40 Prozent, und der Bund steuert 60 Prozent bei. Offen sind der Anteil, den das Saarland zu zahlen hat, und die Übernahme des Währungsrisikos. Unisono verkündeten gestern Scharping und Rexrodt aber, daß innerhalb der nächsten 14 Tage darüber wohl eine Einigung möglich sei.

Für den 24. April ist eine zweite Runde anberaumt. Dabei wird es um Energieeinsparung und regenerative Energie gehen. Rexrodt sagte gestern in einem Interview mit dem Deutschlandfunk, seine Partei könnte unter gewissen Bedingungen auch einer „CO2-Energiesteuer“ zustimmen, die allerdings nicht den vom Verfassungsgericht verbotenen Kohlepfennig ersetzen dürfe. Aber über ökologische Lenkungsinstrumente könne man mit der SPD diskutieren.

Unversöhnlich die Standpunkte bei der Kernenergie. Der sozialdemokratische Verhandlungsführer, Niedersachsens Ministerpräsident Gerhard Schröder, wiederholte gestern, daß die SPD bei ihrem Ziel eines Ausstiegs aus der Atomenergie bleibe. Dieses Ziel sei nicht verhandelbar, über den Weg dorthin könne aber gesprochen werden. Während Rexrodt erneut ankündigte, daß die „Option Kernenergie“ für die Koalition unverzichtbar sei, hat die SPD-Bundestagsfraktion in dieser Woche bei nur einer Gegenstimme jegliche Optionsvariante abgelehnt. Sprechen will die SPD nur über Restlaufzeiten. Darüber herrschen innerhalb der Partei völlig unterschiedliche Vorstellungen. Schröder hält 30 Jahre für verantwortbar.