Bündnis mit bitterem Beigeschmack

Für die Bündnisgrünen in Rheinland-Pfalz ist Schwarz-Grün kein Thema, Bündnisgrüne in Baden-Württemberg hingegen wollen sich diese Option offenhalten  ■ Von Klaus-Peter Klingelschmitt

Andernach/Mannheim (taz/ dpa) – Auf der Landesdelegiertenversammlung der rheinland-pfälzischen Bündnisgrünen gab es nur eine extrem kleine Gruppierung, die sich offen für ein schwarz-grünes Regierungsbündnis nach den Landtagswahlen 1996 aussprach: die Schüler Union Rheinland- Pfalz. Ganze drei Aktivisten aus der christdemokratischen Ecke verteilten vor der Mittelrheinhalle in Andernach schwarz-grüne (Eukalyptus-)Hustenbonbons, die zunächst einen „bitteren Geschmack“ erzeugten, dann aber für ein „befreiendes Gefühl“ sorgen würden. Und sie drückten den rund 120 Delegierten ein Faltblatt mit einem „Hirtenwort“ von Dany Cohn-Bendit (taz vom 16. 3. 95) in die Hände: „Ich habe immer gesagt, daß ich die Grünen für bündnisfähig halte, auch mit der CDU. Ich will, daß die Partei darüber nachdenkt, ob ein solches Bündnis etwa in Rheinland-Pfalz oder Baden-Württemberg möglich ist.“ Die Delegierten, die in Andernach zur Vorbereitung des kommenden Landtagswahlkampfes zusammengekommen waren, wollten dann allerdings über eine CDU- Bündnisgrüne-Koalition auf gar keinen Fall auch nur „nachdenken“. Es gab viel Beifall für Landesvorstandssprecher Mehdi Jafari Gorzini, als er in seiner Grundsatzrede solchen Planspielen eine klare Absage erteilte: „Für die Politik der CDU auch in den nächsten Jahren stehen Namen wie Schäuble, Rühe, Kanther und Gerster – und nicht die Namen Geißler oder Weizsäcker.“ Es könne doch nicht Ziel bündnisgrüner Politik sein, so Gorzini, der CDU in Rheinland-Pfalz, nach 44 schwarzen Jahren unter Kohl und Vogel, wieder den Weg zurück an die Macht zu ebnen. „Wir werden niemals unsere Ziele und Inhalte nur für eine Regierungsbeteiligung aufgeben.“ Schließlich wolle der rheinland-pfälzische CDU-Vorsitzende Johannes Gerster das AKW Mülheim-Kärlich ans Netz hängen. Auch mit seinen erzkonservativen Vorstellungen bei den Themen Innere Sicherheit und Drogenpolitik könne Gerster ganz bestimmt kein Partner sein.

Die Bündnisgrünen in Rheinland-Pfalz wollen Regierungsverantwortung übernehmen, allerdings wollen sie auch keinen rot- grünen Koalitionswahlkampf führen. Auch die SPD, so Gorzini, müsse in Rheinland-Pfalz erst noch unter Beweis stellen, „daß sie zu einem sozial-ökologischen Reformkurs bereit und fähig ist“. Und wenn man sich die Vörgänge in Frankfurt am Main anschaue, habe das böse Wort vom rot-grünen Chaos wieder eine gewisse Berechtigung – „nun aber mit ganz anderen Vorzeichen“. Der Parteisprecher fragte sich: „Kann die SPD für uns überhaupt ein verläßlicher Partner sein?“

Im Gegensatz zu ihren rheinland-pfälzischen Parteifreunden haben sich die Bündnisgrünen Baden-Württembergs auf ihrem Landesparteitag über schwarz-grüne Optionen heftig zerstritten. Während Vertreter der Parteibasis diese Diskussion als „parteischädigend“ ablehnten, hielt der Stuttgarter Bundestagsabgeordnete Rezzo Schlauch dagegen: „Die Diskussion läuft, und wir können sie nicht stoppen, weil sie in der CDU geführt wird.“ Auch Landtagsfraktionschef Fritz Kuhn erklärte: „Zu sagen, die Debatte ist absurd, ist eine Verabschiedung aus der Politik.“

Nach Schlauchs Ansicht schaden „auch schlecht geführte rot- grüne Koalitionen der Partei“. Die SPD sei ein Bild des Jammers, der „Enkel Scharping kommt schon wie sein eigener Großvater daher“. Der Heidelberger Thomas Groß kritisierte die Haltung „der große schwarze Onkel hat uns jetzt endlich lieb“. Landesvorstandssprecherin Barbara Graf hatte zuvor erklärt, „die Geißlers und Süssmuths“ seien spannend genug, die Grünen dürften sich nicht zum „ewigen Juniorpartner der SPD“ machen. Sie schlug im Falle von Koalitionsverhandlungen 1996 eine Urabstimmung ihrer Partei über die Ergebnisse vor. Klaus-Peter Klingelschmitt