Anti-ETA-Gruppen folterten und mordeten

■ Neues zum spanischen Staatsterrorismus

Madrid (taz) – Neue Enthüllung im Fall der spanischen sogenannten Anti-Terror-Gruppen GAL: Gestern identifizierten Gerichtsmediziner zwei Skelette, die als Leichen „unbekannter Herkunft“ bereits 1985 auf dem Friedhof von Alicante gefunden worden waren. Es handelt sich um die sterblichen Überreste von José Antonio Lasa und José Ignacio Zabala. Als 20jährige waren die beiden politischen Flüchtlinge am 16. Oktober 1983 auf dem Heimweg vom Kulturzentrum in Bayonne, im französischen Teil des Baskenlandes, spurlos verschwunden.

Die erneuten Ermittlungen und die Identifizierung gehen auf Aussagen der als GAL-Mitglieder verurteilten Ex-Polizisten José Amedo und Michel Domínguez zurück. Die beiden dienen Richter Baltasar Garzón als Kronzeugen in Sachen GAL, der rechtsterroristischen Truppe, auf deren Konto 28 Morde in den Jahren 1983 bis 1987 in Südfrankreich gehen.

Vor ihrem Tod, so das gerichtsmedizinische Gutachten, waren Zabala und Lasa schwer gefoltert worden. Gefesselt und mit verbundenen Augen hatte man ihnen einzeln die Fingernägel ausgerissen und sie danach halbtot geprügelt. Zum Schluß erschoß man sie. Bei den Leichen wurde ein Projektil der gleichen Munition gefunden, die in den achtziger Jahren üblicherweise von den Sicherheitskräften benutzt wurde.

Die beiden Flüchtlinge sollten offenbar zu Aussagen über die ETA gezwungen werden. In der Woche zuvor hatte die ETA den Militär Alberto Martín Barrios entführt. Anstatt dessen Freilassung auszuhandeln, beschloß der sozialistische Innenminister José Barrionuevo, seine Polizei auf der anderen Seite der Pyrenäen operieren zu lassen. Während die GAL Zabala und Lasa entführten, verhaftete die französische Polizei am 13. Oktober 1983 vier Mitglieder der Spezialtruppe GEO beim Versuch, den ETA-Führer José María Larretxea nach Spanien zu verschleppen. Der Fall wanderte zu den Akten. Reiner Wandler