Lohn fort bei Abtreibung

■ Bundesarbeitsgericht: Keine Lohnfortzahlung bei Abtreibung ohne eine Notlagenindikation

Kassel (AP/taz) – Wenn eine Frau sich im Skiurlaub beide Beine bricht, erhält sie selbstverständlich Lohnfortzahlung. Wenn eine Frau abtreibt, weil sie schon zwei Kinder hat, nicht. Das entschied das Bundesarbeitsgericht in Kassel. Frauen können nur dann Lohnfortzahlung nach einem Schwangerschaftsabbruch verlangen, wenn vorher eine Notlagenindikation in einem Attest bescheinigt wurde, urteilten die Richter. Es reiche nicht aus, wenn das Kind unerwünscht sei.

Damit wurde die Klage einer Krankenkasse aus Nordrhein-Westfalen abgewiesen. Sie hatte einer Frau nach einer Abtreibung Krankengeld gezahlt, das ihr der Arbeitgeber für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit verweigert hatte. Anschließend verlangte die Kasse vom Arbeitgeber die Rückerstattung der Kosten. Nachdem ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen die Frau und die beteiligten Ärzte eingestellt worden war, hatte das Landesarbeitsgericht in Hamm der Klage zunächst stattgegeben.

Dagegen betonten die Bundesrichter nun, aus der Bescheinigung einer Frauenärztin ergebe sich nur, daß die Frau das Kind nicht haben wolle, weil sie berufstätig war, bereits zwei Kinder im Alter von neun und elf Jahren hatte und ihr Ehemann krank war. Wirtschaftliche Engpässe, eine Verschlechterung des Lebensstandards und ein erforderlicher Arbeitsplatz- oder Wohnungswechsel seien aber nicht von so hohem Gewicht, daß sie allein eine Notlagenindikation rechtfertigten.(Aktenzeichen: 5 AZR 524/89)