Haus, Baum, Auto

Schrebergärten in gleißendem Herbstlicht, ockerne Neubausiedlungen mit pastellfarbenen Mittelklassewagen – Ulrich Heinke fotografiert Sonntagsidyllen. Ein modellhaftes Deutschland, das serienmäßig mit Airbag und 3-Wege-Kat ausgestattet ist. Die einfache Amateurkamera – Heinke benutzt eine Minox – ermöglicht dabei keine präzise Fixierung der Motive. Die Objekte sind unglücklich angeschnitten, dem „Mini-Cooper“ fehlen die sonst typischen kleinen Reifen. Dem Knipser ist alles Originelle fremd. Wo gewiefte Fotografen sich für eine geschickt ins Bild ragende Häuserecke begeistern, geht er, von architektonischen Skurrilitäten unberührt, auf die alles bereinigende Totalsicht. Während Kunstfotografie selbst im Alltäglichen noch die Dinge an sich sucht und zumeist Wesentliches findet, beharrt der 1964 in Kassel geborene „Anartist“ (als den ihn Duchamp vermutlich geschätzt hätte) auf den realen Verhältnissen. Viel mehr zeigt er eine stilisierte Anonymität, der unwillkürlich Erinnerungen anhaften, Parkplätze und Wohnblocks als Madeleines der Lebenswelt. – Aber Heinke geht noch einen Schritt weiter als der Knipser, der in seiner Euphorie nur festhalten will, daß wirklich er an all diesen Plätzen gewesen ist: Heinke reduziert den Ort auf sein referentielles Zeichengerüst – Haus, Baum, Auto. Ansonsten herrscht eine Leere, die bei längerer Betrachtung allerdings so dramatisch werden kann, als hätte Lynch anstelle von „Twin Peaks“ die „Lindenstraße“ gefilmt. hf