Bomben auf Schali

■ Russische Armee greift Stadt in Südtschetschenien an / IKRK behindert

Schali/Moskau (AFP/AP) – Die russische Armee hat in Südost- Tschetschenien einen entscheidenden Durchbruch erzielt. Nach der Einkesselung der strategisch wichtigen Stadt Argun begannen die russischen Truppen gestern auch das benachbarte Schali einzuschließen. Der stellvertretende tschetschenische Kommandeur für die Region Schali, Said Hassan Tatajew, bestätigte, daß seine Truppen von den Russen in die Enge getrieben worden seien. Nach Korrespondentenberichten kontrollierte die russische Armee die Ausfahrtstraßen im Westen und Norden Schalis. Die Straßen im Osten und Süden würden in regelmäßigen Abständen bombardiert. Drei Raketen seien in einem Wohngebiet in der Nähe des Zentrums eingeschlagen. Über Opfer gab es zunächst keine Angaben. Zahlreiche Menschen flohen aus der umkämpften Stadt.

Schali, das 20 Kilometer südöstlich von Grosny liegt, ist strategisch besonders wichtig, weil die Stadt nach dem Fall Grosnys von den Unabhängigkeitskämpfern zur Hauptstadt erklärt worden war. Wenige Kilometer südlich von Schali befindet sich außerdem der einzige tschetschenische Stützpunkt mit Panzerverbänden. Nach Angaben der Tschetschenen unterbrachen russische Truppen auch die wichtigste Verbindungsstraße zwischen Schali und Argun.

Die russische Offensive hat nach Angaben des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) die Versorgung der notleidenden Zivilbevölkerung nahezu unmöglich gemacht. „Seit ein paar Wochen haben wir Probleme, Zugang in den Süden Tschetscheniens zu bekommen“, sagte IKRK- Sprecherin Marianne Coradazzi in Nasran, der Hauptstadt der Nachbarrepublik Inguschetien.

Zudem sei in der vergangenen Woche ein Hilfskonvoi bei Schali unter russischen Beschuß gekommen. Das IKRK könne nicht sagen, ob die Fahrzeuge gezielt unter Feuer genommen wurden. Der russische Militärkommandeur in der Kaukasusrepublik habe dem IKRK inzwischen jedoch schriftlich zugesagt, ihm den Zugang in den Süden zu ermöglichen.

Russische Mitarbeiter der „Soros-Stiftung“ berichteten, in dem südlichen Kampfgebiet lebten Flüchtlinge und Einwohner auf engstem Raum zusammen. In einigen Bergdörfern seien bis zu 60 Menschen in einem Haus untergebracht worden. Einige müßten im Sitzen schlafen, weil nicht genug Platz da sei. Mit den im Frühjahr steigenden Temperaturen wachse die Gefahr, daß sich Epidemien ausbreiten. Die Stiftung des US- Milliardärs George Soros ist besonders in Osteuropa aktiv.