Erfolgreiche Geheimdiplomatie

■ Rußland präsentiert einen neuen Friedensplan für Bosnien / Dieser wurde mit Belgrad und Sarajevo abgestimmt

Genf (taz) – Rußlands Außenminister Andrej Kosyrew wird seinem US-Amtskollegen Warren Christopher heute in Genf einen mit Serbiens Präsidenten Slobodan Milošević abgestimmten neuen „Friedensplan“ für Ex-Jugoslawien vorlegen. Bosniens Botschafter in der Schweiz berichtet heute in Bonn der Bundesregierung über seine Belgrader Gespräche mit Milošević.

Nach dem Kosyrew-Plan, der der taz vorliegt, soll auf einem Gipfeltreffen der Präsidenten der exjugoslawischen Republiken die Anerkennung Bosniens und Kroatiens ausgesprochen werden – allerdings nicht durch Serbien, sondern durch den völlig bedeutungs- und einflußlosen Präsidenten des aus Serbien und Montenegro bestehenen Restjugoslawiens, Lilić. Auf diese Weise will sich Milošević aus der Schußlinie seiner innenpolitischen Gegner und der Armeeführung bringen, die eine Anerkennung Bosniens und Kroatiens ablehnen und zunehmende Sympathien mit den Führern der aufständischen bosnischen und kroatischen Serben zeigen. Zeitgleich mit dieser Anerkennung sollen dann die Sanktionen der UNO gegen Serbien und Montenegro aufgehoben werden.

Die Anerkennung Bosniens und Kroatiens soll völkerrechtlich allerdings erst in Kraft treten, nachdem sich die bosnischen Serben und die Regierung in Sarajevo über die Aufteilung des bosnischen Territoriums geeinigt, und sich die kroatischen Serben mit der Regierung in Zagreb über eine Autonomieregelung für die vor Kriegsbeginn im Jahre 1991 mehrheitlich serbisch besiedelten Gebiete verständigt haben. Schließlich sollen die bosnischen Serben die Möglichkeit zu einer Konföderation mit Serbien erhalten.

Bosniens Berner Botschafter Filipović erklärte nach Rückkehr aus Belgrad, seine Regierung sei in erster Linie an einer umgehenden Anerkennung interessiert – ob durch Milošević oder durch Lilić sei zweitrangig. Die bis gestern geheimgehaltene Belgrad-Reise Filipovićs, die in Absprache mit Bosniens Präsident Izetbegović erfolgte, hat nach Auskunft kroatischer Diplomaten in Zagreb „erhebliche Irritationen“ ausgelöst. Die Reise habe „Zweifel bestärkt“, ob die Regierung in Sarajevo hinter der vor allem von den USA, Deutschland und der Türkei geförderten bosniakisch-kroatischen Föderation stehe.

Eingefädelt worden waren die direkten Kontakte zwischen Sarajevo und Belgrad bei einem Treffen der Außenminister Griechenlands, Irans und Bosniens Anfang März in Athen. Türkische Diplomaten in Genf äußerten sich „sehr besorgt“ über die aktive Rolle Irans. Teheran sei „nicht an einem säkularen, multiethnischen Bosnien, sondern an einem islamischen Einheitsstaat interessiert“. Andreas Zumach