Karlsruhe bestätigt EG-Fernsehrichtlinie

■ Bundesverfassungsgericht erteilt Bundesregierung einen Rüffel, bestätigt aber die Rechtmäßigkeit der EG-Fernsehrichtlinie / Einzig die Quotenregelung ist ungültig

Karlsruhe – Die Bundesregierung ist bei der Verabschiedung der EG-Fernsehrichtlinie im Jahr 1989 zu eigenmächtig vorgegangen. Sie hätte dem Regelwerk nicht zustimmen dürfen, ohne sich vorher mit den Bundesländern abzustimmen. Das entschied nach einer Verfassungsklage der Bayerischen Staatsregierung jetzt das Bundesverfassungsgericht. Die Bundesländer haben schon immer die Medienpolitik als ihre Feld betrachtet und der EG das Recht bestritten, hier überhaupt tätig zu werden. – Der Anlaß dieses Rechtsstreits war eine Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft, die das Entstehen eines großen Rundfunkbinnenmarktes fördern sollte.

Um den ungehinderten Zugang ausländischer Programme zu den bisher abgeschotteten nationalen Fernsehwelten sicherzustellen, versuchte die EG-Richtlinie, bestimmte Mindeststandards festzulegen. Die sehr großzügig formulierten Obergrenzen regelten vor allem Werbung und Jugendschutz. Am meisten Streit gab es um die französische Forderung nach Festlegung einer 50-Prozent-Mindestquote für Programme aus europäischer Produktion. Letztlich konnte die Bundesregierung immerhin eine Protokollerklärung erreichen, derzufolge die Quote nur „politische“ Bedeutung habe.

Die Bundesländer hatten zuvor erfolglos versucht, per einstweilige Anordnung des Bundesverfassungsgerichts die Zustimmung der Bundesregierung zu der Richtlinie zu verhindern. Denn die EG-Verträge geben der Gemeinschaft eigentlich keine Kompetenzen zur Harmonisierung von Kultur und Medienpolitik. In Übereinstimmung mit Kommission und Europäischem Gerichtshof hatte die Bundesregierung jedoch den Rundfunk als „Dienstleistung“ betrachtet und somit eine EG-Zuständigkeit angenommen. Dies sei vertretbar gewesen, urteilte Karlsruhe jetzt.

Anders lag die Sache aber bei der „Quotenregelung“. Hier hatte auch die Bundesregierung eine EG-Kompetenz verneint, letztlich aber doch zugestimmt. Deshalb hätte die Länderposition hier nicht wie geschehen ignoriert werden dürfen.

Schaut man sich die demnächst anstehenden Verhandlungen zur Novellierung dieser Fernsehrichtlinie näher an, so wird schnell deutlich, wie überflüssig im Grunde das jetzige Verfassungsgerichtsverfahren gewesen ist. Denn im Zusammenhang mit dem Maastrichter Vertrag wurde das Grundgesetz so verändert, daß nunmehr in „Landesangelegenheiten“ die Länder selbst die Verhandlungen führen können. Die Bundesregierung sitzt nur noch in der zweiten Reihe. Eine Abfuhr wurde außerdem dem Antrag der bayerischen Staatsregierung, die EG-Richtlinie für in „Bayern unanwendbar“ zu erklären, erteilt. Das Begehren wurde als „unzulässig“ abgelehnt. Christian Rath