Kinkel glaubt einfach alles

■ Laut der türkischen Regierung sind im Nordirak keine deutschen Waffen im Einsatz

Ankara/Berlin (taz/AFP/dpa) – Die türkische Ministerpräsidentin Tansu Çiller hat Außenminister Klaus Kinkel zugesagt, daß die in den Nordirak einmarschierten türkischen Truppen so schnell wie möglich zurückgezogen werden sollen. Dies teilte Kinkel gestern nach Gesprächen der EU- Troika mit der Regierungschefin und seinem Kollegen Murat Karayalcin in Ankara mit. Ihm sei auch zugesichert worden, daß bei den Kämpfen keine einzige aus Deutschland gelieferte Waffe eingesetzt werde.

„Völliger Blödsinn“, meint dazu Thomas Klein vom Idsteiner Rüstungsexportarchiv gegenüber der taz: „Die türkische Armee besteht zu 95 Prozent aus US-amerikanischen und deutschen Waffen, und natürlich werden die auch eingesetzt.“ Selbst auf Bildern des türkischen Staatsfernsehens aus dem Kampfgebiet, die in den letzten Tagen auch in Deutschland gesendet wurden, könne man beispielsweise deutlich die BTR-60-Panzer deutscher Herkunft erkennen. Auch der Bundeskongreß Entwicklungspolitischer Aktionsgruppen geht vom Einsatz deutscher Waffen im Nordirak aus. Gerade die ungeheuren Mengen Kleinwaffen sowie die NVA-Fahrzeuge seien für die Mobilität und Logistik der Offensive von großer Bedeutung. Der vertragswidrige Einsatz dieser Fahrzeuge im Krieg in Türkisch-Kurdistan war bereits mehrfach nachgewiesen worden. Das Außenministerium hatte sich jedoch stets gesperrt, die Beweise zur Kenntnis zu nehmen. Im vergangenen Jahr hatte die Bundesregierung dann verkündet, die Waffenlieferungen an die Türkei würden 1995 eingestellt – dies jedoch, wie sich herausstellte, nur deshalb, weil schon alle lieferbaren Altbestände der ehemaligen Nationalen Volksarmee verkauft waren.

Während im Nordirak die türkische Offensive gestern unvermindert fortgeführt wurde, mehrten sich die Appelle an die Regierung in Ankara, die Zivilbevölkerung zu schonen. So forderte ein russischer Regierungssprecher die Türkei auf, „sofortige Maßnahmen zu ergreifen, um Verluste unter Zivilisten zu vermeiden“. Auch die britische Regierung äußerte sich in einer ersten offiziellen Stellungnahme „besorgt“ über das militärische Vorgehen der Türkei gegen die Kurden.

Unterdessen nahmen die Golfkriegs- Alliierten ihre Kontrollflüge über dem Norden Iraks nach dreitägiger Unterbrechung wieder auf. Seiten 8 und 10