In den Altbau gedrückt

■ Interview mit Kurt Kleff, Chef des Verbandes der Beschäftigten der oberen und obersten Bundesbehörden / Berlin-Umzug wird für Bonner Beamte zum einzigartigen Härtefall

taz: Herr Kleff, Sie haben sozialverträgliche Regelungen eingefordert, wenn Sie nach Berlin umziehen sollen. Sind Sie ein sozialer Härtefall?

Kurt Kleff: Nein, ich bin der Bundesvorsitzende vom Dachverband der Beschäftigten der oberen und obersten Bundesbehörden im Deutschen Beamtenbund. Wir hatten unseren Bundesvertretertag hier und hatten im Rahmen dieses Vertretertages eine öffentliche Veranstaltung, und da hatten wir neben der Oberbürgermeisterin von Bonn und der Frau Staatssekretärin Thoben vom Bauministerium auch Vertreter von Fraktionen im Bundestag.

Donnerwetter!

Bei der Veranstaltung haben wir auch einige Dinge zum Umzug von Bonn nach Berlin gesagt. Eines unserer Hauptthemen im Moment ist die Geschichte aller Umzüge – ich will es mal so global sagen – von Bonn nach Berlin und alles, was damit zusammenhängt. Einschließlich der Umzüge, die die Förderalismuskommission beschlossen hat. Der Schwerpunkt ist der Umzug Bonn–Berlin und Berlin–Bonn. Und hier sehen wir, daß in der letzten Zeit einiges nicht mehr so in den rechten Bahnen läuft, wie das in 1991 großspurig beschlossen worden ist.

Mit anderen Worten, es reicht Ihnen nicht aus, daß Sie schon donnerstags nach Bonn fliegen dürfen und erst dienstags wieder an Ihrem Schreibtisch erscheinen müssen? Und daß neben anderen finanziellen Vergünstigungen für die Umzügler Lohnausgleichszahlungen in Höhe von 783 Mark monatlich gezahlt werden?

Herr Lerch, es gibt alles das, was Sie erzählen, aber das sind alles keine Beschlüsse, die mit dem Umzug von Bonn nach Berlin im Zusammenhang stehen. Wir wollen, wenn der Umzug in 1998 losgeht, global zunächst erst einmal das, was 1991 vereinbart worden ist. Das sind einmal die Ausgleiche, die für Bonn vorgesehen sind, und zweitens hatte man 1991 beschlossen, in Berlin alles neu zu bauen für die Ministerien. Und jetzt stellen wir fest, daß das Konzept nur noch einen einzigen Neubau vorsieht.

Mir kommen die Tränen.

So kann man den Mammutumzug nicht machen. Dazu kommt, daß die Oberbürgermeisterin von Bonn sagte, daß alles könne keine Einbahnstraße von Bonn nach Berlin sein. Sie, die Oberbürgermeisterin, erwarte, daß die entsprechenden Umzüge von Berlin nach Bonn dann genauso durchgeführt werden wie umgekehrt.

Lassen wir mal die Bonner Oberbürgermeisterin aus dem Spiel. Auf einen Nenner gebracht: Es paßt Ihnen nicht, daß Sie in Altbauten ziehen müssen?

Das wäre ein bißchen einfach. Äh, uns paßt es nicht, daß der Bundestag und die Bundesregierung von ihren Beschlüssen abrücken. Es kann ja auch nicht im Sinne von Berlin sein, daß wir hier in Altbauten reingedrückt werden. Es war ja mal vorgesehen, vernünftig zu bauen, um die Repräsentanz der Bundesregierung mit den Ministerien in Berlin darzustellen.

Ach so.

Wir, also meine Gewerkschaft, der VBOB, sind der Auffassung, daß die Funktionsfähigkeit der Bundesregierung nicht gefährdet werden darf. Das wollen wir nicht.

Wieso würden Altbauten die Repräsentanz der Bundesregierung gefährden?

Wenn man in alte Häuser zieht? Überhaupt nicht.

Aber?

Aber Sie müssen auch Verständnis für die Bonner haben. Wir haben hier vernünftige Büros, und wenn Sie sich die alten Gebäude ansehen mit ihren weiten Wegen... Es sind halt Altbauten.

O Gott, das ist ja wirklich ein ernsthaftes Problem.

Nein, das ist nicht ein ernstes Problem. Aber der Bundestag hat beschlossen: Wir und auch die Bundesregierung bauen was in Berlin neu auf. Und die sind jetzt von diesem Beschluß wieder abgerückt. Wir haben Angst, daß das in anderen Fragen jetzt auch passiert. Interview: Peter Lerch