Spendenbereitschaft wird erhöht

■ Organspender oder nicht: Niederländer müssen sich demnächst registrieren lassen

Den Haag (taz) – Jeder Niederländer wird künftig in ein Register aufgenommen mit dem Vermerk, ob er nach seinem Tod Organe spenden will oder nicht. Er kann den Entschluß hierüber auch seinen Hinterbliebenen überlassen. Dieser Ministerratsbeschluß wird noch in dieser Woche dem niederländischen Kabinett vorgelegt. Wer sich nicht registrieren läßt, überträgt die Entscheidung indirekt den Hinterbliebenen. Die zuständigen Ministerinnen der sozialliberalen Regierung wollten zunächst die bisher in den Niederlanden gültige Regelung beibehalten: Wer nach seinem Tod Organe für Transplantationen zur Verfügung stellen will, muß einen entsprechenden Spenderausweis bei sich tragen.

Die politische Debatte belebte sich in den letzten Wochen, nachdem die christdemokratische Fraktion ihre Haltung änderte und sich für das sogenannte „Einspruchs- Prinzip“ aussprach. Diese Variante bedeutet: Jeder Bürger ist automatisch Organspender, es sei denn, er hat vor seinem Tod erklärt, daß er dies nicht will. Eine Mehrheit im Parlament hatte jedoch für die „Verpflichtungs-Regelung“ votiert: Spender und Nichtspender lassen sich registrieren. Liegt keine Eintragung vor, entscheiden nach dem Tod die Hinterbliebenen.

In den Niederlanden herrscht ein Mangel an Organspenden, die Wartelisten werden immer länger. 1994 sind 81 Menschen gestorben, weil sie nicht rechtzeitig mit einer Niere, einer Leber oder einem anderen Spenderorgan versorgt werden konnten. Nach Ansicht von Ministerpräsident Wim Kok muß die Bevölkerung über das Thema Organspende intensiver informiert werden. Nur so könne die Spendenbereitschaft steigen. Von den 15,4 Millionen Niederländern haben sich bislang 2,5 Millionen für eine Organspende entschieden. Doch allein für die dringendsten Fälle, so die „Stiftung Niere“, sei die doppelte Anzahl von Spendern erforderlich.

Im Nachbarland Belgien gibt es bereits seit 1987 das Einspruchs- Prinzip. Seitdem hat sich dort die Zahl der Spender mehr als verdoppelt. Gab es in den achtziger Jahren noch zu wenig Organe, liegt mittlerweile in Belgien ein Überangebot an Nieren vor. Über die internationale Organisation Eurotransplant gehen mehr Nieren ins Ausland als umgekehrt. Nur zwei Prozent der Belgier legten bisher ihren Einspruch ein. Meist spielen dabei religiöse Gründe eine Rolle. Von den Hinterbliebenen sprechen sich dagegen rund zehn Prozent gegen eine Organentnahme aus. Harald Neckelmann