■ Eine neue, „uralte, sanfte Naturmethode!“
: Der Hopi-Ohrgasmus

Prärie (taz) – Heute gibt's richtig Zunder: Es gilt, sich „eine uralte, sanfte Naturmethode“ angedeihen zu lassen – die „original Hopi-Ohrenkerzen“. Ja genau, Ohrenkerzen! Bei diesen vielleicht etwas eigenwillig benannten Leuchtkörpern handelt es sich, völlig harmlos natürlich, um „ein reines Naturprodukt“ (Gebrauchsanweisung). Und um einen uralten Kultgegenstand, den wir den Hopi-Indianern verdanken, „einem Volk mit großer Kenntnis“, wie ein jeder weiß. Diese Hopis waren damals, vor ungefähr 800 Jahren, ganz hart drauf, kriegspfadmäßig jedenfalls. Wenn aber das Kriegsbeil begraben war, machten es sich die Rothäute vor dem Lagerfeuer in ihren Ohrensesseln gemütlich und brannten sich eins. Man darf das nicht mißverstehen, in bezug auf Feuerwasser waren ihre Lippen versiegelt, höchtens mal ein Pfeifchen abgehackter Fingernägel pfiffen sich die Hopis ein. Denn sie hatten ja die Ohrenkerzen: „Diese sind sehr wohltuend, befreiend und entspannend“.

Ob das tatsächlich stimmt, das wollen wir doch mal sehen: „Um Ihnen die Wirkungsweise näherzubringen, stellen Sie sich einen Kamin vor.“ Na gut: Da steht er jetzt, oben qualmt's, und nix passiert. Was soll's? „In einem Kamin gibt es einen Unterdruck, der durch den Verbrennungsprozeß entsteht.“ Diese raffinierten Hopis waren also auch im Besitz der elementarsten physikalischen Weisheiten. Mehr noch, sie machten sich die Gesetze der Lehre von den Kräften nutzbar. Zwar nur in Form von Ohrenkerzen, ist aber besser als Lippenblütler, oder? „Der Unterdruck, der durch das Anzünden der Ohrenkerze ausgelöst wird, führt zu einer feststellbaren Druckveränderung der Nebenhöhlen.“ Die Ohrenkerzen sind nämlich hohl. Sie werden in das Loch im Ohr gestopft und abgefackelt, wer das bis jetzt noch nicht geschnallt hat, kommt an den Marterpfahl. Aber: „Der Hörkanal sollte senkrecht positioniert sein. Bei Vorschädigungen fragen Sie erst Ihren fachkundigen Therapeuten.“ Weitermachen, sagt der Weißkittel zur Rothaut. Feuer frei. Jetzt schnackelt's im Ohr, „es beginnt ein angenehmes Knistern und Rauschen während des Abbrennens“. Außerdem riecht es etwas streng, und zwar nach „wertvollen Honigextrakten, naturbelassenem Leinengewebe sowie bekannten indianischen Kräutern, allen voran Johanniskraut, Schachtelhalm und Kamille“. Das nimmt man doch gern in Kauf, denn immerhin „kommt es zu einem spontanen Gefühl des Wohlbefindens in der Ohr-Kopf-Ebene“. Ein sogenannter Ohrgasmus also! Und als positive Nebenwirkung wird „die Energiefluß-Zirkulation“ – weißt Bescheid, Hopi? – „stimuliert, daneben werden Schlacken und das Ohrenschmalz abtransportiert“. Jedoch aufgemerkt: „Im Verlauf der Verbrennung intensiviert sich die Wärme.“

Demnächst: alles über Nasenflöten. Thomas Meiser