■ Mit Spaniens Erdölkonzern auf du und du
: Minderes Risiko

Madrid (taz) – Auch im Erdölsektor Spaniens ist jetzt die Franco-Zeit zu Ende gegangen. Der Staatskonzern „Repsol“ ist privatisiert. 45 Millionen Aktien im Wert von umgerechnet 1,7 Milliarden Mark sind vergangene Woche an der Börse plaziert worden. Kleinaktionäre sollten gewonnen werden. Eine Werbekampagne in Funk und Fernsehen lockte mit dem nicht ganz billigen Vergnügen, „Teilhaber eines der 100 größten Industrieunternehmen weltweit“ zu werden. Ein Preisnachlaß von 5 Prozent auf den Emissionskurs und eine ziemlich einmalige Risikobremse erleichtern den Einstieg in den sozialdemokratischen Volkskapitalismus. Falls die Repsol-Kurse fallen, will der Staat bis zu 10 Prozent des Verlusts im kommenden Geschäftsjahr übernehmen, und im April 1996 den Kleinanlegern in bar zurückerstatten.

25 Prozent des Kapitals bleiben weiterhin in staatlichem Besitz. Bereits jetzt plant man für Ende dieses Jahres den Verkauf von weiteren 15 Prozent. Daß der Finanzminister sein Versprechen an die Kleinaktionäre einlösen muß, gilt als eher unwahrscheinlich. Eine Pleite wie den Kursverfall der Aktien des ehemals staatlichen Bankenverbandes „Argentenaria“ erwartet in diesem Fall niemand. Denn 1994 verbuchte Repsol 1,1 Milliarden Mark Gewinn, 20,8 Prozent mehr als im Vorjahr. Repsol setzt auf Mischwirtschaft, die profitablen Sparten heißen Gas und Chemie.

Weltweit dürfte die Nachfrage nach dem vergleichsweise klimafreundlichen Energieträger Erdgas im nächsten Jahrzehnt um etwa 40 Prozent wachsen. Repsol will seine Nachbarschaft zu den Maghrebstaaten für den Boom nutzen. Eine Pipeline der Repsol-Töchter „Enagas“ und „Gas Natural“ soll ab kommendem Jahr Algerien mit Europa verbinden – eine Investition in Höhe von 2,1 Milliarden Dollar. Im Knotenpunkt Córdoba in Andalusien wird das Gas in ein verzweigtes Netz eingespeist, das auf der einen Seite bis Portugal und auf der anderen Seite über die Pyrenäen nach Frankreich und von da bis Zentral- und Nordeuropa reicht.

Im Chemiesektor setzt Repsol vor allem auf Kunststoffe. Der Abbau von 5.391 Arbeitsplätzen in zwei Jahren und zuletzt die exportfördernde Abwertung der Peseta ließen den Gewinn in diesem Geschäftsbereich um 31 Prozent anwachsen. Repsol-Chef Oscar Fanjul strebt eine Fusion mit der österreichischen ÖMV an. Er will drittgrößter Kunststoffproduzent in Europa werden. Reiner Wandler