Innensenator: Berlin bezahlt Anwälte in der Türkei

■ Ausländerbeauftragte nimmt Gespräche mit Menschenrechtsorganisation auf

Der Senat wird Rechtsanwälte bezahlen, die in der Türkei für einen Schutz von Kurden sorgen sollen, die Berlin abschieben wird. „Die Anwaltskosten sind das geringste Problem“, sagte gestern Innensenator Dieter Heckelmann (CDU) vor dem Ausländerausschuß. Am 1. April endet der Abschiebestopp für Kurden in Berlin, weil es für eine Verlängerung keine gesetzliche Grundlage gebe, sagte der Senator. Für „alle abgelehnten Asylbewerber mit türkischer Staatsangehörigkeit“ soll es eine Einzelfallprüfung durch die Ausländerbehörde geben.

Will die Behörde den Flüchtling abschieben, weil weder Gesundheit noch Leben in der Türkei gefährdet sein sollen, müssen Innenstaatssekretär Kuno Böse (FDP) oder Heckelmann zustimmen. In der Türkei soll sich dann ein von Menschenrechtsorganisationen gestellter Anwalt des Abgeschobenen annehmen und jederzeit über das Wohlergehen seines Mandanten dem Berliner Senat berichten können. Auf dieses Verfahren haben sich die Koalitionspartner CDU und SPD geeinigt.

Berlins Ausländerbeauftragte Barbara John (CDU) klärt nun mit einer türkischen Menschenrechtsorganisation den Verfahrensablauf. Sie rechnet in zwei Wochen mit Ergebnissen. Für sie ist die Koalitionsvereinbarung „akzeptabel“, sagte John gestern. Es sei eine neue Entwicklung in der Asylpolitik, daß ein Abschiebeland das Wohlergehen abgelehnter Asylbewerber verfolge.

Sollte sich zeigen, daß die Türkei trotz der internationalen Kontrolle den Betroffenen mißhandelt oder die Rechtsanwälte in ihrer Arbeit behindert, müsse erneut über einen generellen, bundesweiten Abschiebstopp nachgedacht werden. Die von Bundesinnenminister Manfred Kanther (CDU) verfügte Aufhebung des geltenden Abschiebestopps würde dann in Frage gestellt. Barbara John rechnet damit, daß in diesem Jahr nur wenige Türken mit abgelehntem Asylantrag abgeschoben werden. Im Januar und Februar seien 15 türkische Staatsangehörige abgeschoben worden, von denen nur einer einen Antrag auf Asyl gestellt hatte.

Bündnis 90/Die Grünen und die PDS forderten gestern, den Abschiebestopp für Kurden zu verlängern, was allerdings alle anderen Fraktionen ablehnten. Der bündnisgrüne Ismail Koșan zweifelte am Erfolg der Koalitionsvereinbarung, da in der Türkei selbst Mitglieder von Menschenrechtsorganisationen willkürlich verhaftet, gefoltert und ermordet würden. Karin Dörre von der PDS bezeichnete das Vorhaben als „Eierei“. Thomas Seerig von der FDP kritisierte, daß „zuwenig herausgekommen ist“. Dirk Wildt