Für Peanuts bitte anstehen

Bilanz der Deutschen Bank: Weniger Gewinn, mehr Provisionen, die Kundschaft muß an den Terminal, die Belegschaft auf die Straße  ■ Von Hermannus Pfeiffer

Berlin (taz) – Für die Aktionäre hat sich das vergangene Geschäftsjahr gelohnt. Für die Angestellten weniger, falls sie nicht oben in der Chefetage von Frankfurt sitzen. Für die Kunden auch nicht. Der „Provisionsüberschuß“ habe sich leicht verbesert, sagt Hilmar Kopper. Sonst ist der Vorstandssprecher der Deutschen Bank nur mäßig zufrieden mit seinen neuen Bilanzzahlen, die er gestern veröffentlicht hat. Der Jahresüberschuß ging 1994 um fast 40 Prozent auf 1,36 Milliarden Mark zurück. Fehleinschätzungemn des Rentenmarkts ließen den Eigenhandel um fast 1,5 Milliarden Mark unter das Vorjahresergebnis absacken.

Seit Neujahr geht es damit wieder besser. Auch der Wertpapierhandel im Kundenauftrag erhöhte sich um 71 Millionen Mark oder 1,2 Prozent auf knapp sechs Milliarden Mark, daher die höheren Provisionsgewinne. Für wackelige Kredite werden 2,2 Milliarden Mark zurückgelegt – 3,3 Milliarden waren es im Vorjahr. Doch im Inlandsgeschäft drohten noch immer Risiken, meint Kopper. Den Aktionären wird die Dividende von 16,50 Mark mit einem Bonus von drei Mark zum 125jährigen Bestehen des Bankhauses aufgestockt. Die 925 Millionen Mark, die dafür bereitstehen, seien der höchste Betrag, den die Bank jemals an Aktionäre ausgezahlt habe.

Weit lieber als von solchen Geschenken sprach Hilmar Kopper gestern wieder von der Reform, die er der größten Bank Deutschlands verpassen will. Sie nämlich zahlt sich ganz oben aus. Eine „schlankere Organisation“ hatte Kopper erstmals vor zwei Jahren angekündigt: Trotz bescheidener Tarifabschlüsse und Rekordgewinnen sollten mehrere tausend Arbeitsplätze vernichtet werden. Hilmar Kopper: „In den Kosten steckt der Gewinn.“

Letzten Sommer freute sich der Vorstandssprecher dann vor Frankfurter Journalisten, daß allein 1993 in Westdeutschland netto 2.000 Stellen abgebaut worden seien. In Ostdeutschland habe man sich von etwa 500 älteren Mitarbeitern getrennt, in den nächsten drei bis fünf Jahren sollten jährlich weitere 1.000 Stellen der „natürlichen Fluktuation“ anheimfallen.

Pünktlich zum 125. Geburtstag wird nun mit dem „Projekt Kundennähe“ die Rationalisierungsstrategie modernisiert. Jetzt werden nicht mehr nur Arbeitsplätze vernichtet: „Der Kunde steht im Mittelpunkt unserer Aktivitäten“, schreiben die Projekt-Aktivisten.

Sie meinen es ernst. Tatsächlich fallen 50 Bezirksfilialen weg. Über die Organistationsidee schreibt Bauern-Sohn Kopper in seiner Hauspostille Forum Spezial: „Soviel Freiraum wie möglich und soviel Einengung wie nötig“!

Die administrativen Aufgaben übernehmen seit Januar nur noch die Hauptfilialen, die untere Ebene an der Straßenecke darf die Kunden betreuen, jedoch nicht alle gleichermaßen. Den Komfort individueller Beratung genießen Golf- Spieler und verwandte Einkommensgruppen. Golf-Fahrer dagegen müssen Schlange stehen oder einen 08/15-Aktienfonds per Telefon ordern. Entsprechend mittelmäßig schneiden die Standardanlagen der Deutschen Bank in den gängigen Hitlisten der Finanzmagazine ab.

Personalvorstand Ulrich Weiss hofft, damit die Kosten konstant zu halten, die zu etwa zwei Dritteln aus Löhnen und Gehältern bestehn.

Aus dem überhöhten Blickwinkel der Konzernspitze mag dieser Kurs sinnvoll sein; aus Sicht der Beschäftigten ist er es nicht. Immerhin entfallen heute auf jeden DB-Banker rund acht Millionen Mark Geschäftsvolumen. 1985 waren es noch keine fünf Millionen. Wachstum und Gewinne der zurückliegenden vier Jahrzehnte haben der europäischen Nummer eins zudem ein dickes Fettpolster an Vermögen beschert. Die Tarife hielten längst nicht mit. Sie stiegen in zehn Jahren um 45 Prozent, selbst die Metallindustrie, Inbegriff einer deutschen Krisenbranche, kommt im selben Zeitraum auf 50 Prozent Lohn- und Gehaltszuwachs.

„Marktgerecht“ sagt Personalchef Weiss, also schwindelerregend hoch sind jedoch die außertariflichen Gehälter. 20 Mitarbeiter verdienen derzeit sogar mehr als Vorstandssprecher Kopper, der immerhin die 1,5-Millionen-Mark- Grenze raumgreifend überschritten hat. Auf akkurat 19.456.535 Mark und 6 Pfennige beliefen sich im letzten ausgewiesenen Jahr die Bezüge des 13köpfigen DB-Vorstandes.

Peanuts. Trost spenden könnte da schon eine neue Pointe des begabten Sprachschöpfers in der Frankfurter Chefetage. In der Mitarbeiterzeitung schreibt Hilmar Kopper: „Mit unser aller Bereitschaft, uns einzusetzen und zusammenzuhalten, ebnen wir der Deutschen Bank, unserer Bank, den Weg ins nächste Jahrhundert.“