: Ein Konkurrent im Hafengeschäft
■ Ausgerechnet beim Stück- und Schüttgut bekommt die Bremer Lagerhaus Gesellschaft einen starken Konkurrenten / Stute, Stahlwerke Bremen und Rhenus drängen mit „Weserport“ auf den Markt
„Wir begrüßen Wettbewerb“, sagt der Sprecher der Bremer Lagerhaus Gesellschaft (BLG), Hajo Weil. „Aber das ist ein schrumpfender Markt...“ Bislang hatte die BLG das faktische Umschlagmonopol für Bremen. Vom heutigen 1. April an gibt es aber im Bereich von Schüttgut und Stückgut, also im „konventionellen“ Segment des Umschlagsgeschäftes, eine neue Kokurrenz für die BLG: die „Weserport GmbH“. Drei bestehende Kai-Anlagen werden in der neuen Firma zusammengefaßt: - die Stromkaje der Stahlwerke Bremen, „Osterort“, an der seit zwei Jahren das Erz für die Hütte umgeschlagen wird (4 Millionen Tonnen jährlich), - der Hüttenhafen, jüngst zu trauriger Bekanntheit gekommen durch den Zusammenbruch einer Krananlage, in dem die Stahlprodukte verladen werden (eine Million Tonnen) und Koks und Schrott angelandet werden (knapp eine Million Tonnen), und der - Rhenus-Hafen direkt gegenüber, über den das bundesweit operierende Transportunternehmen Rhenus Steine, Sand, Kies und andere Schüttgüter umschlägt. (ca. 500.000 Tonnen jährlich).
Die neue Firma, bei der die Rhenus mit 51 Prozent der Anteile die unternehmerische Führung hat und an der die indirekte Veba-Tochter Stute Verkehrs-GmbH Bremen mit 25,1 und die Stahlwerke Bremen mit 23,9 Prozent beteiligt sind, beginnt also mit einem weitgehend gesicherten Umschlagsvolumen von 6-7 Millionen Tonnen. Kein Wunder, daß die BLG da neidisch werden kann: Ihr Umschlag im Stückgut-Bereich ist von 4,5 Millionen Tonnen (1989) auf 3 Millionen Tonnen gesunken - und weiter rückläufig. Er könne sich nicht vorstellen, wie sich weitere Investitionen in diesen Bereich rentieren könnten, kommentierte BLG-Chef Rolf Stuchtey die Neugründung. Er doch, konterte Stahlwerke-Chef Klaus Hilker. Nur kurz war es im Vorfeld der Neugründung zu Gesprächen darüber gekommen, ob die BLG sich an der Weserport-GmbH beteiligen könnte. Doch die drei Partner, die sich da zusammengefunden haben, brauchen die bremische Staats-Tochter BLG nicht. Mitbestimmungsregelungen und Arbeitnehmer-Ansprüche, wie es sie jüngst im Streit um Nachtschichten im Bremerhavener Container-Entladeverkehr gegeben hat, wirken auf die hart im Wettbewerb kalkulierenden Firmen eher abschreckend.
Die Sorgen der BLG liegen eher in dem grundsätzlichen Problem, daß sich mit der neuen Firma ein privater Konkurrent im Hafenbereich etablieren könnte, bevor es Klarheit über die Frage gibt, wie denn die BLG mit der von der EU geforderten Auflösung staatlicher Monopole fertig werden soll.
Bisher hatten nur einzelne Firmen für ihren eigenen Bedarf eigene Kajen - neben den Stahlwerken zum Beispiel auch die Stadtwerke, die jährlich 1 Million Tonnen Steinkohle im Kohlehafen direkt neben dem Kraftwerk Hafen über ihre eigene 1987 erbaute Kohlelöschbrücke an Land bringen. Die Gründung der Weserport-GmbH verspricht aber mehr als schlichtes Stahlwerke-Outsourcing. Das Engagement der Transport-Firma deutet darauf hin, daß hier zusätzliche Fremdkapazitäten gewonnen werden sollen. Das Unternehmen will rund 15 Millionen Mark zur „Leistungssteigerung der technischen Anlagen“ investieren. Zusätzlich soll die Dienstleistungspalette des Betriebes um Kommissionierung und Bearbeitung von Ladungen sowie um Schwergut- und Projektabwicklungen erweitert werden. Außerdem seien neue Geschäftsfelder auf den Gebieten Entsorgungslogistik und Recycling geplant, teilte die Rhenus AG mit. Kunststoff-Aufbereitung ist das Stichwort - die Stahlwerke verbrennen sortierte Kunststoffabfälle („rohstoffliche Verwertung“) und versuchen, ihren Vorsprung auf diesem Gebiet gegen Hoesch zu verteidigen. Die Rhenus ist auf dem Sektor des Kunststoff-Recyclings (wie auch bei Glas und Papier) jetzt schon engagiert.
Die verkehrliche Anbindung wird mit dem neuen Autobahnzubringer A 281 zur Abfahrt Industriehäfen hin bald fertiggestellt sein, und im Gewerbepark West, so hofft der Stahlwerke-Sprecher Hans-Jürgen Blöcker, dürfte sich das eine oder andere Gewerbe ansiedeln, das Umschlagkapazitäten braucht.
Eigentlich hatte die Stadtgemeinde Bremen versprochen, die Infrastruktur der Hafenanlagen in ihren Besitz zu übernehmen - wie auch die Infrastruktur der anderen Häfen im kommunalen Besitz sind. Die Weserport-GmbH verfügt insgesamt über 1.300 Meter Kaianlagen mit sechs Kränen und 275.000 Quadratmetern Betriebsflächen. Es können Seeschiffe bis 230 Meter Länge und 10,7 Meter Tiefgang an den Kajen festmachen. Das Thema Infrastruktur-Ankauf ist aber in den letzten Monaten nicht vorangekommen, sagt der Stahlwerke-Sprecher. Wenn die Stadtgemeinde hier mitspielt, will die neue Weserport-GmbH mittelfristig weitere 15 Millionen Mark in die Anlagen investieren.
Die BLG hört diese Ankündigungen mit Skepsis und mit Sorge. Skepsis, weil nach allen Erfahrungen des Bremer Umschlags-Monopolisten auf dem schrumpfenden Markt kein neues Geschäft mehr zu machen ist. Daß aber große Transportunternehmen so „schlecht beraten“ sind, kann sich BLG-Sprecher Weil letztlich auch nicht recht vorstellen. Mit Sorge sieht er den Mitbewerber deshalb, weil große Firmen wie Rhenus oder Stute, die zu europaweit operierenden Konzernen gehören, „mit welchen Mitteln auch immer“ der BLG Konkurrenz machen könnten und auch vom Rest des Stückgut-Umschlages sich noch etwas herausschneiden könnten. K.W.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen