■ Staatsvertrag zur Fusion steht
: Die letzte Chance

Die Fusion hat noch nicht stattgefunden, aber die Bausteine wurden am Sonntag morgen schon einmal erfolgreich zusammengesetzt. Daß dabei mit Kompromißformeln nicht gegeizt wurde, überrascht nicht. Ja, angesichts der unterschiedlichen Interessen nicht nur zwischen, sondern auch innerhalb beider Länder war dies vorhersehbar. Nicht erwarten durfte man allerdings die Eleganz, mit der beide Seiten die heißen Themen umschifften oder in Kompromißformeln verkleideten. Die bis zuletzt in der Berliner CDU umstrittene Entscheidung über das Datum zur Länderehe wurde nicht etwa nur auf die renitente Mitgliederschar der CDU abgewälzt, sondern gleich in Volkes ganze Hand gelegt. Dabei kann CDU-Fraktionschef Landowsky zufrieden sein: Sollte das Votum über die Frage, ob nun 1999 oder erst 2002 zusammengegangen wird, in beiden Ländern unterschiedlich ausfallen, wird ohnehin Realität, was Teile der Berliner CDU schon immer forderten – die Länderehe später zu vollziehen. Die SPD wiederum darf sich freuen, daß die Verringerung der Bezirke nicht explizit festgelegt wurde. Parteiübergreifend wird die Zahl der Abgeordneten im künftigen Landesparlament wohl auf breite Zustimmung stoßen. Bei nunmehr 200 statt ursprünglich 125 Plätzen wird so manchem Parlamentarier die Angst vor Einkommensverlusten genommen.

Für die Große Koalition, allen voran für den bislang an fast allen selbstgesetzten Zielen (Olympia, Verwaltungsreform) gescheiterten Regierenden Bürgermeister Eberhard Diegpen (CDU) ist der gestern ausgehandelte Staatsvertragsentwurf womöglich die letzte Gelegenheit, doch noch ein Ehrenplätzchen in den Geschichtsbüchern zu finden. Severin Weiland

Siehe auch Seiten 1 und 4