Universität besetzen und nicht Eier suchen

■ Nachdem die Humboldt-Uni die Räume für den Autonomie-Kongreß zu Ostern verweigert hat, ist bei den autonomen Diskutanten nun Selbsthilfe angesagt

Freiräume muß man sich erkämpfen. Auch gegenüber einer grünen Hochschulrektorin. Weil die Präsidentin der Humboldt- Uni, Marlis Dürkop, die Alma mater Unter den Linden für den „Autonomie-Kongreß der radikalen, undogmatischen Linken“ nicht hergibt (taz berichtete), will die Kongreßinitiative nun zur Selbsthilfe greifen.

Auf einem Flugblatt wird dazu aufgefordert, sich die „Räume an irgendeiner zentral gelegenen Berliner Universität ohne große Dramatik und mit aller Selbstverständlichkeit“ zu nehmen. Ein entsprechender Beschluß wurde schon am Donnerstag abend bei einer Autonomen-Vollversammlung im Mehringhof gefaßt. Thema des vom 14. bis 17. April stattfindenden Kongresses, zu dem über 1.000 TeilnehmerInnen erwartet werden, soll die Neubestimmung autonomer Politik „auf dem Weg ins 21. Jahrhundert“ sein. Diskussionen, Vorträge und Streit soll es unter anderem zu den Themen Autonomiebegriff, Kultur, Medienrandale und Organisierung geben. Zum erstenmal steht auch die Debatte über einen autonomen Forderungskatalog auf dem Programm.

Die Humboldt-Präsidentin Dürkop hatte den Kongreß vor zwei Wochen abgesagt, obwohl ein Vorvertrag mit den Anmeldern bereits unterschriftsreif war. Grund für den Rückzieher sind die kommenden Haushaltsdebatten, bei denen der Humboldt-Universität weitere Stellenstreichungen drohen. Originalton Dürkop: „Das vordringlichste Ziel der Universität muß es derzeit sein, diese Kürzungen abzuwenden.“ Für die Kongreßinitiative ein „Akt vorauseilenden Gehorsams“, der den Unwillen demonstriere, „die Universitäten als Orte kontroverser gesellschaftlicher Auseinandersetzungen zu verstehen“.

Ihren unbedingten Willen, sich „kontroversen gesellschaftlichen Auseinandersetzungen“ zu stellen, hat unterdessen die Berliner Polizei angemeldet. Staatsbürgerkundliches Ziel der Heckelmann- Truppe ist es neuerdings, den Ruf Berlins als Kongreß- und Tagungsmetropole nicht durch einen Autonomenkongreß zu gefährden. Ein Etappensieg wurde bereits errungen: Während der Demonstration anläßlich des Klimagipfels am Samstag wurde ein Demonstrant beim Verteilen des neuen Kongreßflugblatts kurzfristig festgenommen. Begründung: Die Aufforderung, sich die Kongreßräume zu nehmen, sei eine Aufforderung zu Straftaten.

Für Zündstoff bis Ostern ist also gesorgt. Das Flugblatt soll nach Angaben der Kongreßvorbereiter in den nächsten Tagen „massenhaft an Berliner Schulen und Universitäten verteilt werden“. Uwe Rada