■ Das Portrait: Minister Courage
Nach den Ministerrücktritten in der letzten Woche galt er als heißer Tip für den Sozialminister, geworden ist Caspar Einem nun jedoch österreichischer Innenminister. „Können Sie eigentlich alles?“ fragte ein Journalist bei der Präsentation Einems als Nachfolger des zurückgetreten Franz Löschnak. „Ich traue mir zumindest zu, noch alles zu lernen“, so die selbstbewußte Antwort des 46jährigen.
Noch vor wenigen Monaten hätte kaum jemand viel darauf verwettet, daß Einem in der österreichischen Sozialdemokratie etwas werden könne. Zählt er doch zu jenem Typ des unorthodoxen Linken, der es auch unter SP- Regierungen nur selten weiter bringt als in Beraterkreise oder Wahlkomitees der Art „Künstler, Denker, Experten...“.
Einem, der Sohn des Komponisten Gottfried von Einem und Ururgroßneffe Otto von Bismarcks, hat schon verschiedene Karrierekurven hinter sich: Einst begann er als Bewährungshelfer, wechselte dann in die Wiener „Arbeiterkammer“, deren sozialwissenschaftliche Abteilung traditionell als Think-Tank der Sozialdemokraten funktioniert. Später wechselte er ins Management eines Petroleumriesen.
Wenn manche Kommentatoren einräumen, daß der rechtspopulistische Radaupolitiker Jörg Haider zwar ein Fluch sei, aber in der österreichischen Parteienlandschaft einen Modernisierungsschub ausgelöst habe, denken sie wohl an Karrieren wie die Caspar Einems: Erst Caspar EinemFoto: Alex Hallada
Haiders Siegeszug hat der SPÖ deutlich gemacht, daß sie – will sie ihre politische Führungsrolle verteidigen – unorthodoxe Antworten auf die rechte Herausforderung finden muß. Erst das SP- Debakel vom Oktober machte jenen Generationswechsel unausweichlich, den Franz Vranitzky letzte Woche vornahm.
Einem tritt ein schweres Erbe an. Sein Vorgänger hatte über Jahre eine rigide Anti-Ausländer-Politik verfolgt, die den Ruf Österreichs als Asylland ruinierte und menschliche Tragödien verursachte. Kritik setzte es dafür von den Grünen, Liberalen, Menschenrechtlern, auch kirchlichen Gruppen – und von Regierungskollegen. Zu den schärfsten Gegnern Löschnaks im Kabinett zählte bislang Caspar Einem.
Wenn es etwas gibt, was zum Vorteil der seit 25 Jahren regierenden österreichischen Sozialdemokraten anzuführen ist, dann daß es ihnen immer noch gelingt, überraschend Leute wie Caspar Einem auf den Schild zu heben. Robert Misik
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