Die mitteldeutsche Job-Chemie stimmt

US-Konzern Dow Chemical übernimmt den Olefin-Verbund in Buna, Böhlen und Leuna / Versprochen sind mindestens 3.000 Arbeitsplätze – 800 mehr als ursprünglich vorgesehen  ■ Von Eberhard Löblich

Hannover/Schkopau (taz) – Johannes Ludewig darf aufatmen. Der Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium und Regierungsbeauftragte für Ostdeutschland war zuständig dafür, daß Kanzler Kohl eines seiner teuersten Wahlkampfversprechen einhalten konnte. Der US-amerikanische Chemiekonzern Dow Chemical will nun tatsächlich den mitteldeutschen Olfin-Verbund mit den Standorten Buna, den Sächsischen Olefinwerken Böhlen und der Leuna Olefin-GmbH (BSL) übernehmen und obendrein mehr Arbeitsplätze sichern oder neu schaffen als ursprünglich geplant. Schon im Bundestagswahlkampf 1990 hatte Helmut Kohl gerade im mitteldeutschen Chemiedreieck den Euphemismus von den „Blühenden Landschaften“ geprägt und in Buna eine Bestandsgarantie gegeben. Vier Jahre lang schrieb die Treuhand Millionendefizite in die Bilanz. Für den nächsten Wahlkampf im letzten Jahr kam das Angebot von Dow Chemical wie gerufen.

Zumindest für den Kanzler, weniger aber für Betriebsräte und Belegschaften der drei Unternehmen. Denn Dow wollte lediglich 2.200 der jetzt noch rund 5.600 Arbeitsplätze sichern.

Schon lange vor dem Übernahmeangebot durch Dow hatte die Buna-Geschäftsführung ein Sanierungskonzept, das rund 1.000 Arbeitsplätze mehr vorsah. Es wurde öffentlich als „Stand-alone-Lösung“ bekannt. „Eine eigenständige Fortführung als Staatsunternehmen auf Dauer war nie das Ziel diese Konzeptes“, erläutert Bernhard Brümmer, der vom Chefsessel der deutschen Dow-Niederlassung in die Buna-Geschäftsführung übergewechselt war.

Nach dem Angebot der Dow war das Konzept zunächst kein Thema mehr. Lediglich die Betriebsräte bestanden noch darauf. Jetzt aber können auch sie die Unterzeichnung des Vertrags mit Dow kaum erwarten. „Die zugesagten 3.000 Arbeitsplätze als Untergrenze sind ein echter Erfolg“, findet die Buna-Betriebsratschefin Ingrid Häußler.

300 der zusätztlichen 800 Jobs will Dow selbst bringen. Unter anderem sollen im Forschungsbereich der BSL statt ursprünglich 100 nun 150 Stellen eingerichtet werden, weitere 200 in einer am Standort anzusiedelnden Tochter namens „Dow Environment Systems“, die im mitteldeutschen Chemiedreieck ihre Europazentrale bezieht. Weitere Arbeitsplätze sind in Firmen versprochen, die Grundstoffe der Dow weiterverarbeiten. Mehrere Geschäftsfelder wollen die Amerikaner jedoch aufgeben. Union Carbide hatte mit dem belgischen Teppichbodenhersteller Domo der BVS kurzfristig ein Übernahmeangebot für die BSL gemacht. Domo wollte Teppichböden produzieren und hätte dafür den Ausgangsstoff Propylen gebraucht. Den will Dow bei Buna nicht mehr herstellen. „Wir werden trotzdem nicht mehr mit Union Carbide verhandeln“, machte BVS-Chef Heinrich Hornef klar. „Das Paket ist bereits geschnürt.“

Auch wenn die Amerikaner später einzelne Geschäftsfelder oder Produktionsbereiche weiterverkaufen, sei das allein ihre Sache. Eberhard Löblich