Zur Versachlichung?

■ John Sacks Buch über die jüdische Rache an Deutschen wird doch verlegt

Berlin (taz) – Der Münchener Piper-Verlag hat es in letzter Minute zurückgezogen, jetzt soll es im Hamburger Kabel-Verlag erscheinen – John Sacks Buch „Auge um Auge – Die Geschichte von Juden, die Rache für den Holocaust suchten“. Man wolle „zur Versachlichung“ einer „vorzeitig abgebrochenen Diskussion“ beitragen. Das Buch soll am 27. April ausgeliefert werden.

Die Sprecherin des Verlages, Friederike Küchlin, bestritt gegenüber der taz, man wolle bloß schnelles Geld mit einem Reißer machen. Man habe sich vielmehr schon früh und gleichauf mit Piper um die Rechte bemüht, am Ende aber den kürzeren gezogen. Eine Darstellung, die angesichts des Programms des Verlags („Warum nicht einfach glücklich sein?“ und „Die sechs Säulen des Selbstwertgefühls“ zum Beispiel) einigermaßen verblüfft, da es kein einziges zeitgeschichtliches Buch aufweist.

Piper hatte sich Mitte Februar nur eine Woche vor dem Erscheinungstermin gegen die Auslieferung von „Auge um Auge“ entschieden. Der neue Verlagschef Viktor Niemann erklärte, das Buch könne so mißverstanden werden, als ließe sich der Holocaust mit anderen Verbrechen vergleichen oder aufrechnen.

Die Kritiker, allen voran der Berliner Publizist Eike Geisel (in Konkret und FR) bestreiten, daß eine solche Lektüre als Mißverständnis aufzufassen sei. Sack lege es mit seiner reißerischen Darstellung der Racheakte vor allem darauf an, die Moritat von den Opfern, die sich den Tätern angleichen, zu dramatisieren. Seine Schätzungen über die Zahl der den jüdischen Überlebenden zum Opfer gefallenen Deutschen – 60.000– 80.000, darunter auch „wahllos Frauen und Kinder“ – wurden von Experten als unseriös eingestuft.

Was auch immer der kleine Hamburger Verlag mit der Veröffentlichung beabsichtigt, ein Ziel wird man mit dem neuen Titel bestimmt erreichen – dem Versprechen der Eigenwerbung näherzukommen. Das lautet: „Bücher, über die man spricht.“ jl