■ Cash & Crash
: Weltwährungsordnung? Weltwährungsunordnung!

Berlin (taz) – Die japanischen und amerikanischen Zentralbanker müssen sich ziemlich blöd vorkommen. Sie kaufen und kaufen US-Dollar, doch die Devisenhändler zeigen sich unbeeindruckt: Sie verkaufen Greenbacks, was die Börse hergibt. In New York hat der Dollar mit nur 1,3725 Mark den Nachkriegs-Negativrekord gebrochen. Eine minimale Erholung in Frankfurt auf 1,3780 Mark sei nur eine Folge kurzfristiger finanztechnischer Aktionen, sagen Experten.

Auf der Hannovermesse begannen deutsche Firmen zu jammern, daß durch die teure Mark ihre Exportchancen flötengehen, und die ersten Wirtschaftsforschungsinstitute korrigieren ihre Wachstumsprognosen schon nach unten. Noch lauter ist das Heulen und Zähneklappern von japanischen Unternehmern. Der Nikkei-Aktienindex ist seit Jahresbeginn schon um über zwanzig Prozent gesunken. Nach heftigen Stützungskäufen sitzt Japans Zentralbank jetzt auf einem 141,5 Milliarden Dollar großen Devisenhaufen. Irgendwann wird ihr die Puste ausgehen, immer noch mehr Dollar zu kaufen. Daß Interventionen der Zentralbanken dem Dollar nicht mehr helfen können, pfeifen inzwischen die Spatzen von den Börsendächern.

Kurzfristige Linderung wird nur durch Zinsänderungen erwartet. Die ohnehin schon niedrigen japanischen Zinsen müssen runter, die US-amerikanischen Zinsen hoch. Vor allem die USA sind dazu aber keineswegs bereit. Die paar warmen Worte seitens der US-Regierung, daß man eigentlich einen weiteren Dollarverfall gar nicht wolle, beeindruckte auf den Devisenmärkten niemanden. Hatte der Präsident doch zu seinem Amtsantritt betont, daß so ein billiger Dollar gar nicht schlecht sei für die amerikanische Exportindustrie und daß so endlich das Handelsbilanzdefizit gegenüber Japan abgebaut würde.

Daß am Montag die Fed eine für die Wirtschaft schmerzhafte Zinserhöhung ausschloß, werteten die Devisenspekulanten als weiteres Zeichen, daß den USA der Absturz der eigenen Währung egal ist. In einem Land mit einem so gewaltigen Binnenmarkt, das anders als Japan nicht vom Export abhängig ist, liegen die wirtschaftspolitischen Prioritäten eben auf nationaler und nicht auf globaler Ebene.

Die USA haben damit eindeutig auf die oft beschworene gobale Führerschaft verzichtet. Militärische Hegemonie: Ja bitte. Aber ökonomische Verantwortung – die bringt der US-Wirtschaft ja keine Gewinne ein. Vom Weltwährungssystem ist so nicht viel übriggeblieben. Immer mehr Regierungen ordnen jegliche Währungspolitik der Beliebigkeit ihrer nationalen Interessen unter. Wenn aber alle qua Wechselkurspolitik die internationale Wettbewerbsfähigkeit ihrer heimischen Industrien stärken wollen, ist zunehmender Protektionismus oder ein Abwertungswettlauf die Folge. Die Weltwirtschaftskrise, in der beides eintrat, mag zwei Generationen zurückliegen. Das ist kein Grund, die Lehren daraus zu vergessen. Nicola Liebert