Bankgeheimnis ist „Kundengeheimnis“

Auf dem Deutschen Bankentag in Bonn steht ungewollt die „Macht der Banken“ auf der Tagesordnung / Waigel: Auch bei Währungsturbulenzen ist der Markt das Allheilmittel  ■ Aus Bonn Klaus-Peter Klingelschmitt

Bei den Vorstandsmitgliedern des Bundesverbandes der deutschen Banken liegen die Nerven blank. Das zeigte sich gestern auf dem XVI. Deutschen Bankentag in der Bonner Beethovenhalle. Die sogar in Regierungskreisen geführte Debatte um die Beschneidung der Macht der Banken, die Negativschlagzeilen etwa nach den Skandalen bei der Metallgesellschaft oder der Schneider GbR – in die vor allem die Deutsche Bank verwickelt war –, die massive Kritik an dem von den Banken ausgeübten Auftragsstimmrecht auf den Hauptversammlungen (fast) aller Konzerne der Republik und an den extrem hohen Beteiligungen an bankfremden Unternehmen – das alles hat die führenden deutschen Banker dünnhäutig werden lassen. – Karl-Heinz Wessel, der Präsident des Bundesverbandes, in dem etwa 300 Privatbanken zusammengeschlossen sind, wies jedenfalls auf der obligatorischen Pressekonferenz am Vorabend des Bankentages (unausgesprochene) Vorwürfe ungefragt und nachgerade weinerlich zurück. Der Nachweis, daß die Banken ihre Macht mißbrauchen würden, könne den Kritikern aller politischen Lager nicht gelingen, denn in einer marktwirtschaftlichen Ordnung, so Wessel, würde Machtmißbrauch durch Wettbewerb verhindert. Wer die Banken kritisiere, rüttele an den „bewährten Grundprinzipien der allgemeinen Unternehmensrechte und damit an der deutschen Wirtschaftsverfassung“.

Und als der oberste Banker der Republik dann noch auf Umfrageergebnisse des Verbandes verwies, wonach 85 Prozent der Bankkunden mit ihrer Hausbank „zufrieden“ seien und „nur“ 99 von 1.561 Aufsichtsratsmandaten in den hundert größten deutschen Unternehmen von Angehörigen privater Banken gehalten würden, ohne das dahinterstehende Kapital auch nur zu erwähnen, dachten die meisten JournalistInnen schon an die Lachshäppchen im Restaurant der Beethovenhalle.

In seiner gestrigen Rede dann warnte Karl-Heinz Wessel die PolitikerInnen nachdrücklich auch noch davor, das Bankgeheimnis, das eigentlich ein „Kundengeheimnis“ sei, mit einer „Geldwäschegesetzgebung“ sukzessive auszuhöhlen. Steuerhinterziehung sei zwar ein Delikt und müsse rechtlich geahndet werden. Doch „manch einem ist offenbar schon der einfache Transfer von Geld ins Ausland eine Steuerhinterziehung“. Der als Festredner geladene Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU), der einer Partei angehört, die sich angeblich mit Hingabe der Bekämpfung der organisierten Kriminialität widmet, wollte sich dazu nicht äußern.

Doch in einem Punkt konnte Waigel die deutschen Banker beruhigen: Vorschlägen zur Eindämmung spekulativer Kapitalbewegungen, wie etwa denen zur Besteuerung von Spekulationsgewinnen oder zur verbindlichen Festlegung der Wechselkurse der wichtigsten Weltwährungsländer, stehe er „sehr skeptisch“ gegenüber. Der Markt, so Waigel, werde auch bei Währungsturbulenzen alles regeln: „Angesichts der Größe und der engen Verflechtung der Märkte halte ich es für eine Illusion zu glauben, Regierungen und Zentralbanken könnten sich auf Dauer den Märkten entgegenstellen.“

Das sieht der Präsident der Deutschen Bundesbank, Hans Tietmeyer, offenbar nicht ganz so eng. Regierungen und Notenbanken seien geradezu verpflichtet, etwa die europäische Währungsunion solide vorzubereiten. Und die Banken, da ist sich Tietmeyer sicher, müßten ein „berechtigtes Interesse“ an dieser organisatorischen und institutionellen Vorarbeit der Finanzpolitiker haben. Denn die Universalbanken hätten dann die enormen Lasten bei der Umstellung der nationalen auf die einheitliche EU-Währung zu tragen. Und was tun bei aktuellen Währungsproblemen? Ein globales „Early Warning System“ müsse her für die „internationale Surveillance“, denn gerade die Notenbankpolitik stehe in der nationalen und internationalen Verantwortung, sagte Tietmeyer.