Griefahn wieder an Schröders Seite

■ Prüfbericht entlastet Ministerin vom Vorwurf des Familienfilzes

Hannover (taz) – „Es gibt keinen Grund, Monika Griefahn aus dem Amt zu entlassen. Ich habe entschieden, daß die Umweltministerin ab sofort ihre Amtsgeschäfte wiederaufnimmt.“ So sprach Niedersachsens Ministerpräsident Gerhard Schröder, als er gestern zusammen mit Ex- Verfassungsrichter Helmut Simon vor die Presse trat. Der in Schröders Auftrag erstellte Simon-Bericht kam zu dem klaren Ergebnis, daß Griefahn mit der Erwähnung eines Gutachtens ihres Mannes im Expo-Aufsichtsrat weder gegen ihre Amtspflichten noch gegen „berufsethische Anforderungen“ verstoßen hat. Weder habe Frau Griefahn ihren Mann begünstigt, noch habe sie dies versucht, erklärte Helmut Simon gestern bei der Vorstellung seiner 19seitigen Expertise.

Daß die Umweltministerin in einer Vorlage für den Expo-Aufsichtsrat, auch Ideen iher Mannes erwähnt habe, sei nicht zu beanstanden. Es habe sich nicht feststellen lassen, daß Frau Griefahn über diese unbedenklichen Handlungen hinaus irgend etwas zugunsten ihres Mannes unternommen hat. „Ich habe gesucht und gesucht und nichts gefunden“, sagte der ehemalige Verfassungsrichter, der nach eigenen Angaben sehr strenge Maßstäbe an das Verhalten von Griefahn angelegt hat.

Obwohl Simons Bericht Griefahn in allen Punkten erwartunsgemäß entlastete, hat sich der niedersächsische Ministerpräsident mit der Entscheidung über das politische Schicksal seiner Umweltministerin offenbar überaus schwergetan. Weitaus länger als geplant dauerten gestern die Beratungen über den Bericht, an denen neben Schröder und Griefahn auch Innenminister Gerhard Glogowski und der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Wolf Weber, teilnahmen.

Mit Hinblick auf den Untersuchungsausschuß, den CDU und Grüne trotz des Simon-Berichts nun beantragen wollen, wurde Griefahn am Ende selbst die Entscheidung überlassen, ob sie lieber zurücktreten oder den Untersuchungsausschuß durchstehen wolle. Offenbar wäre auch Schröder mit einem Rücktritt seiner Ministerin durchaus einverstanden gewesen. Nach der Vorstellung des Prüfberichtes erinnerte der Ministerpräsident an jene Bestimmung der niedersächsischen Verfassung, wonach der Landtag auch einer Entlassung von Kabinettsmitgliedern zustimmen muß. Er entnehme dieser Bestimmung auch die Pflicht, Entlassungen von Ministern gegenüber dem Landtag zu begründen. Bei Frau Griefahn aber gebe es einen Entlassungsgrund nicht, sagte Schröder. Sein persönliches Verhältnis zu seiner Umweltministerin umschrieb der Regierungschef mit den Worten, um vernünftig politisch zusammenzuarbeiten, müßten sich erwachsene Menschen keineswegs lieben.

Für CDU-Fraktionschef Christian Wulff zeigt die gestrige Pro- Griefahn-Entscheidung „das ganze Ausmaß der Erpreßbarkeit und Handlungsunfähigkeit des Ein-Stimmen- Ministerpräsidenten Schröder“. Der Simon-Bericht sei ein „Schein- alibi“. Nach Meinung von Wulff hat Schröder nur Angst, bei einer Zustimmung des Landtages zur Entlassung der Umweltministerin auf Oppositionsstimmen angewiesen zu sein. Dem schließen sich die Grünen an. Sie meinen sogar, Simons Bericht stütze im Gegensatz zu Schröders Interpretation die Notwendigkeit eines Untersuchungsausschusses. Der Antrag soll in der nächsten Parlamentssitzung eingebracht werden. J. Voges