Sanssouci
: Vorschlag

■ Ein Hoffnungsträger für den Blues und Soul: Jay Owens aus New York ist heute abend im Franz Club

Auf der Landkarte des Blues und der Soulmusik ist Florida noch ein weißer Fleck. Ray Charles wuchs dort auf. 1947, kurz bevor er „soweit weg von Florida wie nur möglich“, nach Seattle, zog, tauften die Pfarrerseheleute Owens ihren Neugeborenen Isaac Jerome. Er war, wie Ray Charles, blind. Musikalisches Bewußtsein entwickelte er wie viele, aber längst nicht alle Schwarzen, in der Kirche. Blues auf der Gitarre gespielt hörte Jay erstmals von seinem Onkel. Er quengelte so lange, bis er auch eine bekam. „Zuerst dachte ich, es wäre ein Baß, und stimmte sie auf meine ganz eigene Art.“ Nach dem Schulabschluß mußte Jay für einen kranken Schulkameraden einspringen; aus dem Wochenende wurde ein mehrmonatiges Engagement bei dem ebenfalls blinden Sänger O.V. Wright. Dessen Stimme hat nicht nur Robert Cray, sondern auch Jay maßgeblich beeinflußt, wie er sagt.

Die nächsten Jahre verbrachte Jay mit einer Band, die mehrmals den Namen wechselte und kreuz und quer durch die USA tourte. Oft begleiteten die Musiker Stars wie Stevie Wonder, Al Green, Aaron Neville und Bobby Womack. Von 1970 bis 1972 spielte er für das Gesangstrio Gaith, Hope & Charity, bis die Gruppe auseinanderging. Die arbeitslosen Begleitmusiker nannten sich fortan The Funk Bunch und tingelten durch die Staaten. „New York gefiel mir am besten, dort wohne ich seither. Ich habe hier in den Studios bei zahllosen Plattenproduktionen mitgewirkt.“ Nebenbei schrieb er über hundert Lieder. Plattenfirmen interessierten sich, aber es blieb bei leeren Versprechungen.

Es vergingen Jahre voller Frust. Weit weg, in England, produzierte Mike Vernon sein Debütalbum. Der einfache Titel „Blues Funk“ beschreibt knapp und treffend den Inhalt. Die bluesige Gitarre erinnert streckenweise an Albert King, der gospelige Gesang an die Großen der Soulmusik von Ray Charles bis Otis Clay. Die 13 Eigenkompositionen halten sich kaum an den 12-Takte- Standard; inhaltlich geht es zwar, wie eh und je, hauptsächlich um zwischenmenschliche Beziehungen, aber in neuen Varianten, individuell wie im richtigen Leben.

Unter den vielen Blindgängern, die derzeitig den Plattenmarkt überschwemmen, ist der blinde Jay Owens eine echte Erleuchtung. Die britische Fachzeitschrift Juke Blues brachte es auf den Punkt: „Er erneuert die Hoffnung, daß es noch eine Zukunft gibt für den Blues und Soul.“ Norbert Hess

Heute, 22 Uhr im Franz Club, Schönhauser Allee 36/39, Prenzlauer Berg