Übergroße Abneigung

■ betr.: „Prêt-à-porter“, taz vom 17. bis 24. 3. 95

Was soll das sein? Vielleicht 'ne Art „Life-style-Kolumne“? Ist doch zum Kotzen: Da pilgert tatsächlich eine nach Paris, sich die Beine in den Bauch zu stehen, um nach erfolgreicher Selbstkasteiung Erlösung zu finden durch die visualisierten Prophezeiungen irgendwelcher Schneider betreffs der zu erwartenden Wintersilhouetten von Männlein und Weiblein, und ihr meint tatsächlich, Eure Leser/- innen mit diesen Erlebnisberichten im Stile von Siebenklässlern belästigen zu müssen.

Was hat das – zumindest so – in dieser Zeitung zu suchen? Wo bleibt die kritische Auseinandersetzung mit dem Phänomen „Modenschau“ beziehungsweise „Mode“? Kein Wort zum Thema „Modediktat“, kein Wort über die Adaption subkultureller Kleidungsriten, kein Wort über den Zynismus solcher Veranstaltungen angesichts einer stetig wachsenden Bevölkerungsschicht, für die Kleidung keine Frage des Er-Lebens sein kann, sondern eine des Über- Lebens sein muß, and so on.

Die Autorin entblödet sich dann auch noch nicht mal, sich zu fragen, wozu denn die Französische Revolution gut gewesen sei, weil – und nur weil – sie nicht mit „aristokratischer Allüre aus den Standing-Reihen“ herausgepickt wurde, um vorzeitig in die heiligen Hallen eingelassen zu werden. Da macht sich doch bei der geneigten Leserin übergroße Abneigung breit.

Ihr hättet das ganze besser „Ecrit-sans-penser“ titeln sollen, dann hätte man gleich gewußt, daß man es nicht zu lesen braucht. Saskia Maier, Bremen