„Hürriyet“ hetzt für Volk und Vaterland

■ Die türkische Zeitung „Hürriyet“ veröffentlicht täglich patriotischen Spendenaufruf für die Soldaten im Nordirak

„Los Türkei! Hand in Hand mit den tapferen Soldaten“, lautet die Kampagne, mit der die auch in Berlin erscheinende türkische Tageszeitung Hürriyet Immigranten aufruft, für die türkischen Soldaten im Nordirak zu spenden. Der Appell an die „Pflicht für das Vaterland“ prangt in fetten Lettern auf der Titelseite der Mittwochausgabe. Seitdem nimmt der auch in der Türkei veröffentlichte Spendenaufruf täglich eine halbe Seite der Zeitung ein.

Ausdrücklich sollen „die im Nordirak für das Vaterland Kämpfenden bei ihrer Aufgabe unterstützt werden“. Weiter heißt es: „Mit den (...) Geldern verwirklichen wir eine grandiose Mobilisierung des Vaterlandes. (...) Hürriyet wird die Rekorde dieser Kampagne jeden Tag für Freund und Feind verkünden.“

Der Aufruf enthält wegen des Auslieferungsstopps für deutsche Fregatten auch einen Seitenhieb auf die Bundesregierung: „Auf! Mit der Kraft der Türken das Embargo der anderen brechen! In diesem ehrenvollen Kampf erteilen wir denen eine Lehre, die mit unserem Stolz spielen.“

Mit solchen Formulierungen dürfte Hürriyet den Nerv ihrer Leser treffen, die sich durch die deutsche Kritik an ihrem Heimatland persönlich verletzt fühlen. Nach Angaben des Berliner Redaktionsleiters Ali Yumusak wurde die Kampagne vom türkischen Journalistenverband in Ankara initiiert, Hürriyet habe sie lediglich aufgegriffen. Eine ähnliche Kampagne habe die Zeitung bereits bei der türkischen Invasion auf Zypern 1974 unterstützt. Die Spenden fließen Hürriyet zufolge direkt an das türkische Militär. Bei der Frankfurter Filiale der Ziraat- Bank gehen täglich insgesamt 60 Einzahlungen ein. In Berlin spendete ein 69jähriger Immigrant 20.000 Mark. Auch eine Gruppe türkischer Mitarbeiter der Berliner Fordwerke sammelte unter den Kollegen, berichtet Yumusak.

Der Verband kurdischer Studenten in Berlin verfolgt die Kampagne dagegen „mit großer Sorge“. Angesichts der angespannten Lage unter Türken und Kurden werfen sie Hürriyet vor, die Situation „weiter anzuheizen“. Die Studenten befürchten, daß „das friedliche Zusammenleben der kurdischen und türkischen Bevölkerung in der Bundesrepublik ernsthaft gefährdet wird“.

Diesen Vorwurf weist Redaktionsleiter Yumusak, der zu den liberalen Redakteuren zählt, weit von sich. Der Spendenaufruf habe eine „Ventilfunktion“ für die Immigranten, die wegen der Brandanschläge und der Kritik an ihrer Heimat „innerlich kochen“.

Der Scharfmacher sitzt in Istanbul. Dem Chef der Auslandsausgabe, Ertug Karakullukcu, werfen Vertreter türkischer Immigrantenorganisationen eine „demagogische und nationalistische Linie“ vor. So rief er Immigranten dazu auf, aus der SPD auszutreten, nachdem Scharping das Verbot der PKK in Deutschland kritisiert hatte. Die Integration dürfte dies nicht gerade fördern. Dorothee Winden