Jorge – ein Film über das Opfer des Hasses

■ Seit vier Jahren ignorieren Behörden die Eltern des ermordeten Jorge Gomondai

Dresden (taz) – Zum 4. Todestag von Jorge Joao Gomondai ist am Wochenende der Dokumentarfilm „Jorge“ uraufgeführt worden. Die beiden Hamburger Regisseure Monika Hielscher und Matthias Heeder zeichnen darin das Leben des ermordeten Mosambikaners nach, der über zehn Jahre in Dresden lebte. Die Filmer besuchten seine Eltern und seinen Bruder in Mosambik, sie rekonstruierten die Aussagen von Täter und Zeugen.

Der 28jährige Gomondai wurde das erste Todesopfer neonazistischer Gewalt im wiedervereinigten Deutschland. Ostersonntag 1991 hatten ihn zehn Rechtsextremisten in einer Straßenbahn angegriffen und aus der fahrenden Bahn geworfen, zwei Tage später starb er. Die Umstände seines Todes wurden nie vollständig aufgeklärt. Erst im Herbst 1993 standen drei Täter vor Gericht; der Prozeß endete mit einer Jugendstrafe von zweieinhalb Jahren und zwei Bewährungsstrafen. Die anderen Täter wurden nicht ermittelt.

Bis heute warten die in Chinoio/ Mosambik lebenden Eltern und der Bruder des Opfers auf eine Erklärung der deutschen Behörden. Im Film erklärt der Vater, er habe von dem Überfall in den BBC- Nachrichten gehört. Erst durch die Filmemacher erfuhr er detailliert, was geschehen ist. „Ich hasse es, daß sie uns nicht beachten“, kommentierte er die Behördenignoranz. Heeder sagte nach der Film- Aufführung, er habe „definitiv zuverlässige Möglichkeiten, dieser Familie, die kurz vor dem Verhungern ist, Schmerzensgeld zu übergeben“. Die Stadt Dresden rede sich damit heraus, daß die Angehörigen in den Bürgerkriegswirren angeblich nicht auffindbar seien. „Eine bequeme Ausrede“, urteilt Monika Hielscher. Zwar sei die Familie in der Region an der Grenze zu Simbabwe mehrfach umgezogen, aber über eine Postfachadresse in Chinoio wäre sie erreichbar gewesen. Die Adresse war den deutschen Behörden bekannt als der Sarg in Gomondais Heimatdorf überführt wurde. Den Wohnort der Familie recherchierte das Filmteam mit Hilfe von UN-Truppen.

Ob der Film jemals im TV gezeigt wird, ist ungewiß. Alle deutschen Festivals haben den Film bislang abgelehnt. Detlef Krell