Sumo-Ringer Yen walzt alle nieder

■ Historische Tiefstände an Tokios Börse: Mark und Pfund fallen mit dem Dollar

Tokio (rtr/dpa) – Erstmals in dem Währungsdurcheinander der letzten Wochen hat nun in Tokio auch die Deutsche Mark massiv an Wert verloren. War eine Mark am Freitag noch knapp 63 Yen wert, fiel sie gestern unter 58 Yen – ein historischer Tiefstand. US-Dollar und britisches Pfund wurden allerdings ebenfalls deklassiert. Der Dollar ist seit Anfang des Jahres von 100 Yen auf knapp über 80 abgerutscht.

Die Mark wurde vor allem von europäischen und amerikanischen Fonds gestürzt, die ihre Märker in Yen umtauschten. Der Dollar gewann unter dem Strich gegen die deutsche Währung: Asiatische Zentralbanken warfen zwar drei Milliarden Greenbacks auf den Markt, und die Exporteure wechseln ihre Erlöse in den Inflations- Dollars sofort in Yen um – die japanische Zentralbank kaufte die Milliarden aber gleich wieder auf.

Daß der Yen trotzdem steigt wie eine Rakete, regt den japanischen Finanzminister Masayoshi Takemura ziemlich auf: Er forderte gar eine Überprüfung des weltweiten Systems der freien Wechselkurse. Devisenhändler in Tokio halten diese Ankündigung allerdings für „nicht ganz ernst gemeint“. Die Versuche mit festen Wechselkursen sind zum Beispiel im Europäischen Währungssystem vor einigen Jahren grandios gescheitert, weil die Devisenspekulanten die einzelnen Notenbanken gewinnbringend gegeneinander ausspielen konnten.

Bevor die japanische Exportindustrie ein Opfer der eigenen Währung wird, soll nun ein Konjunkturprogramm der Regierung die Investitionen in Japan ankurbeln, ganz viele Milliarden Yen freisetzen und so den Kurs nach unten treiben.

Die Schuld an der ganzen Misere gab Finanzminister Takemura der US-Regierung. Sie solle ihren Willen, den Dollarfall zu stoppen, „nachdrücklicher demonstrieren“. Doch die Retourkutsche aus Nordamerika kam prompt. Nach Ansicht des kanadischen Finanzministers Paul Martin haben allerdings die Japaner den Schwarzen Peter: Sie müßten erst einmal den heimischen Markt öffnen, damit die Ausländer mehr in Yen handeln können. Unterdessen kritisieren deutsche Industrielle die Bundesregierung.

Porsche-Chef Wendelin Wiedeking ist „entsetzt, daß Bonn den Dollarfall als gottgegeben“ hinnehme. In einem vorab veröffentlichten Interview im Stern sagt Wiedeking: „Genau genommen entscheiden irgendwelche Spekulanten darüber, ob die Arbeitsplätze in Deutschland sicher sind.“