„Bis zum letzten Mann und zur letzten Patrone“

■ „Berlin 1945“: Die Zentrale Ausstellung zum 50. Jahrestag des Kriegsendes wurde in der Hauptstadt eröffnet

Berlin (taz) – „Berlin. Der Schutthaufen bei Potsdam.“ 55 bis 80 Millionen Kubikmeter Trümmer animierten Bert Brecht bei seiner Rückkehr nach Deutschland zu dieser knappen Formel. Auf die Hauptstadt des Dritten Reiches seien im Zweiten Weltkrieg europaweit die meisten Bomben und Granaten heruntergegangen und hätten das größte zusammenhängende Trümmergebiet hinterlassen, erläuterte Reinhard Rürup bei der gestrigen Eröffnung der zentralen Ausstellung in Berlin zum 50. Jahrestag des Kriegsendes.

Der vielgeachtete Historiker von der „Stiftung Topographie des Terrors“ leitet die Ausstellung „Berlin 1945“, die er mit seinen Mitarbeitern innerhalb nur eines halben Jahres konzipiert hat. Objektiv sei das Kriegsende natürlich eine Befreiung gewesen, erklärte Rürup zur aktuellen Auseinandersetzung um den 8. Mai. Dennoch dürfe man Menschen, „die sich damals nicht befreit fühlten“ oder die „Ausschreitungen der Besatzungsarmee erlebten“, nicht zwingen zu erklären, sie seien damals glücklich gewesen.

Um solcherlei Differenzierung bemüht sich die ganze Ausstellung. Beeindruckend wirkt sie schon allein wegen der aus über 60 Archiven zusammengetragenen, zum Teil mannshohen Fotos. Bilder und Textdokumente erhellen drei Themenbereiche: die Zerstörung in Berlin – Endschlacht und Kapitulation; die Zerstörungen von Berlin aus – die Terrorzentrale des Dritten Reiches; Besatzungsherrschaft und Neuanfang in Trümmern.

Die „Schlacht um Berlin“, auch das wird in der Ausstellung in der ehemaligen Kunsthalle gegenüber der kriegszerstörten Gedächtniskirche deutlich, war so verlustreich wie sinnlos. Trotz einer rund zehnfachen Überlegenheit der Roten Armee im Januar 1945 waren die Naziführer nicht bereit, ihren aussichtslosen Kampf zu beenden und weiteres Blutvergießen zu vermeiden. „Es ist nicht notwendig, auf die Grundlagen, die das deutsche Volk zu seinem primitivsten Weiterleben braucht, Rücksicht zu nehmen“, meinte Hitler am 18. März 1945 im Gespräch mit seinem Rüstungsminister Speer. „Im Gegenteil ist es besser, selbst diese Dinge zu zerstören. Denn das Volk hat sich als das schwächere erwiesen, und dem stärkeren Ostvolk gehört ausschließlich die Zukunft.“ Dennoch oder gerade deshalb wurde immer weiter gekämpft – bis zum Selbstmord Hitlers. „Die fanatische Entschlossenheit, die Reichshauptstadt ,bis zum letzten Mann und zur letzten Patrone‘ zu verteidigen, kostete allein auf deutscher Seite mehr Menschenleben als alle Bombenangriffe, und sie bewirkte eine Zerstörung der Stadt, deren Ausmaß vor allem in den inneren Stadtbezirken den Bombenschäden gleichkam“, heißt es dazu in dem empfehlenswerten Ausstellungskatalog.

Die Ausstellung ist bis 13. August zu sehen, außerdem wird ein umfangreiches Rahmenprogramm angeboten. Ute Scheub