In Sorge um das Geld

Der Streit zwischen behinderten Leistungssportlern und ihrem mutmaßlich blanken Verband eskaliert  ■ Von Oliver Kauer

Frankfurt (taz) – Ist der Deutsche Behinderten-Sportverband (DBS) durch finanzielle Mißwirtschaft am Rande der Existenz angelangt? Das denken zumindest die Leistungssportler. Auslöser des mittlerweile ausgearteten Konflikts um Macht, Geld und Mitbestimmung zwischen Athleten und Funktionären war der gerichtliche Mahnbescheid einer Berliner Vermarktungsagentur über 170.000 Mark an den DBS im Zuge der Abrechnungen der Leichtathletik-Weltmeisterschaften der Behinderten, die im Juli vergangenen Jahres in Berlin ausgetragen wurden. Doch DBS- Schatzmeister Karl-Hermann Müller mag angeblich nicht zahlen, „da die Rechnungen überzogen sind“, und hat Widerspruch eingelegt. Die Agentur klagt jetzt.

Unter den Leistungssportlern des DBS herrschen derweil unheilvolle Vermutungen. Wo ist das Geld? Miese Stimmung zwischen Sportlern und Verbandsspitze ist eingezogen, seit der WM im eigenen Lande, wo Werbung für den Behindertensport betrieben werden sollte, sich aber gähnende Leere auf den Tribünen im Berliner Olympiastadion auftat. Gunther Belitz, Sprecher der aktiven Leichtathleten, warf dem DBS vor, die Organisation der Großveranstaltung zu spät in die Wege geleitet zu haben.

Der aufgrund persönlicher Differenzen mit DBS-Präsident Reiner Krippner in der letzten Woche von seinem Amt als Vize-Präsident zurückgetretene Hans Knöller bestätigt die Sorge der Athleten um die Liquidität des Verbandes. „Die Situation ist prekär“, stellte Knöller heraus, „sollte die Agentur den Prozeß gewinnen, muß der DBS Konkurs anmelden.“

Die Führungsspitze dementiert derweil aber vehement, daß der 200.000 Mitglieder umfassende Verband zahlungsunfähig sei. Einzig DBS-Geschäftsführer Dieter Keuther bestätigte auf Anfrage Liquiditätsprobleme – verplappert? Finanzverwalter Müller geht in die Offensive. In einem Brief an Aktivensprecher Manfred Kohl kündigt er an, diesen „wegen Diffamierung, Rufmord und verbandsschädigendem Verhalten aus dem DBS auszuschließen“. Kohl hatte in einem harsch formulierten Thesenpapier der Verbandsführung mangelnde Organisationsfähigkeit sowie Konzeptionslosigkeit vorgeworfen.

Das Bundesministerium des Innern (BMI) und der Berliner Senat als Hauptmäzene der WM haben 91.000 Mark an zugesagten Geldern vorerst einbehalten. Weitere von der Europäischen Union bewilligten 150.000 Mark sind auf Eis gelegt. Eine Rechnungsbilanz der WM kann Müller nicht vorweisen, ist jedoch sicher, „daß sich die Veranstaltung getragen hat“.

„Die Leistungssportler des DBS fühlen sich von diesem Präsidium nicht mehr vertreten“, sagen jedenfalls die Athletenvertreter Kohl und Belitz unisono. „Es ist eventuell besser, wenn der Leistungssport sich die Kompetenz des DSB und seiner Fachverbände sichert“, denkt Kohl gar an einen „Separationskurs“.