BVG: Bier statt Bußgeld

■ Erste "Party-Tram" Berlins ist einsatzbereit / Angebot richtet sich vor allem an Industriefirmen / Für den "gemeinen" Berliner ist das rollende Besäufnis unerschwinglich

Natürlich macht es Spaß, in einer Straßenbahn eben mal pinkeln zu gehen und sich dann ein neues Bier zu holen. Auch nicht gerade unlustig ist es, wenn anstelle von uniformierten Fahrkartenkontrolleuren beschwingte Bedienungen durchs Abteil wandeln und allerlei Leckereien auf ihren Tabletts balancieren.

Die BVG macht aber nicht nur Spaß, sie macht auch Ernst: Ab 18. April, gleich nach den Ostertagen, kann man die erste „Party-Tram“ Berlins mieten. Die Party-Tram, das ist eine für einige hunderttausend Mark umgebaute normale Tatra-Straßenbahn, gesponsert von einer großen Brauerei. Sie präsentiert sich nun „dank fleißiger und geschickter Hände als neuestes Schmuckstück“ (BVG). So wurden Tresen, Kühlanlage, Garderobe, Tischchen und eine Toilette eingebaut und die Haltestangen entfernt, damit dem Feiern nichts mehr im Weg steht. Der einzige Haken an der Party-Tram: Diesen Party-Traum werden sich nur die wenigsten leisten können.

Denn für die ersten drei Stunden Spaßbahn muß man 800 Mark hinlegen; jede weitere Stunde kostet 250 Mark. Das ist aber sozusagen nur die Kaltmiete. Damit sich die maximal 30 Gäste auch an Speisen und Getränken erfreuen dürfen, muß man, so der Verantwortliche für das Catering, Alfred Gutmaier, „kneipenübliche Preise“ bezahlen. Also zum Beispiel 3,50 Mark für ein 0,3-Glas Bier. Relativ preisgünstig gestalten sich die Schlemmerangebote: ein fünfgängiges Menü, unter anderem mit Rinderfiletspitzen und frischen Feigen mit Gorgonzola- Rahmsauce, kostet 38 Mark. Aber auch einfache Gerichte wie Würstl mit Kartoffelsalat sind im Angebot. Eigene Verpflegung ist übrigens nicht gestattet.

Für BVG-Vorstandsmitglied Hans-Heino Dubenkropp ist die Party-Tram nichts weniger als „das Symbol für eine neue BVG, die sich unternehmerisch verhält“. „Wir wollen“, so Dubenkropp, „mit allen Mitteln neue Märkte im Raum Berlin-Brandenburg erschließen.“ Nach seinen Prognosen wird die Party-Tram an 200 Tagen eingesetzt werden. Dabei steht mit 173 Kilometern das größte Straßenbahnnetz in Deutschland zur Verfügung.

Neben privaten Kunden, die hier ihren Geburtstag oder ihre Hochzeit feiern wollen, spreche man laut Dubenkropp in erster Linie Industrieunternehmen an. Denn die Party-Tram sei besonders geeignet, um ausländische Delegationen zu empfangen: „Und der Bedarf an der Betreuung von Gästen wird extrem zunehmen, gerade im Hinblick auf den Regierungsumzug.“

Für viele Besucher sei eine Trambahn etwas sehr Exotisches und ermögliche „eine etwas andere Art“ der Stadtbesichtigung. Dank der eingebauten Mikrofonanlage sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt: Von der Partymoderation bis zur Stadtführung, von der Präsentation einer Modenschau bis zum Tupperwaren-Angebot ist alles möglich.

Die Party-Tram ist aber nur ein Teil der neuen Image-Pflege der BVG. Demnächst werden auch „Oben-ohne“-Busse, also abgeschnittene Doppeldeckerbusse, zum Einsatz kommen, die dann eine Aussichtsplattform bieten. Zur Pinkelpause freilich wird man die Plattform wohl verlassen müssen. Wolfgang Farkas