■ Heckelmann nutzt Anschlagspläne
: Zweierlei Anschläge

Noch überwiegen beim angeblichen Anschlag auf das künftige Abschiebegefängnis in Grünau die offenen Fragen. Manches läßt vermuten, daß die angeblichen Täter über längere Zeit observiert wurden und nicht der „Zufall“ sie vor Ort bei der Vorbereitung auffliegen ließ. Doch auch für Verschwörungstheorien von linker Seite ist kein Platz. Eine Erfindung der Staatsschutzorgane, um den heute beginnenden Autonomiekongreß zu kriminalisieren, ist der Anschlag sicher nicht. Inwieweit aber Polizei, Verfassungsschutz und deren in der Szene agierende V-Leute vom Anschlagsvorhaben vorinformiert oder an der Planung gar beteiligt waren, wird möglicherweise die parlamentarischen Gremien beschäftigen müssen. Man erinnert sich beispielsweise jener Polizistin, die als militante Olympia-Gegnerin enttarnt wurde.

Innensenator Dieter Heckelmann (CDU) aber ist längst weiter. Er nutzt die Stunde und macht in seltener Infamie in einer Erklärung all jene für den geplanten Anschlag verantwortlich, die für eine menschenwürdige Behandlung von Asylbewerbern und Flüchtlingen eintreten. Christen, Linke, Liberale – alle werden pauschal zu Mitgliedern „linksextremistischer Gruppen“ gemacht. Wer dagegen protestiert, daß man Menschen in Länder zurückschickt, in denen Krieg, Mord und Folter auf der Tagesordnung stehen, wird angeklagt, den „Boden für Anschlagsplanungen bereitet“ zu haben und „Gewalt als legitimes Mittel der politischen Auseinandersetzung“ anzusehen. Dabei ist die „staatliche Ordnung“, die Heckelmann beschwört, oft genug eine undemokratische Exekution von Verwaltungsakten, gegen die Menschenrechtsorganisationen zu Recht protestieren. Lang ist die Liste der von Heckelmann gepriesenen „gesetzlich abgesicherten“ Verfahren, die Willkürakte sind. Da werden mörderische Regionen per Gutachten zu friedlichen Landstrichen gemacht, um abschieben zu können. Da werden Flüchtlinge mit Pässen von Ländern versehen, in denen sie nie waren – nur um sie loszuwerden. Da werden Menschen monatelang wegen fehlender Papiere in Haft gehalten, obwohl deren Heimatländer diese verweigern. Und serbische Deserteure sollen in ihr Land zurückgeschickt werden. Diese Kritiker will der Innensenator durch Kriminalisierung mundtot machen. Was Heckelmann betreibt, sind deshalb wohlerwogene Anschläge auf das politische Klima der Bundesrepublik. Gerd Nowakowski

Siehe auch Bericht auf Seite 1