Brandstiftung ist nicht ausgeschlossen

■ Abgebrannter Treptower Jugendclub „Gérard Philipe“ soll wieder aufgebaut werden / Polizei untersucht Brandruine / Wo die Jugendlichen bis zur Neueröffnung bleiben sollen, ist offen

Zwischen meterhohen Aschebergen und deformierten Metallverstrebungen stolpern zwei Tage nach dem Brand einige Jugendarbeiter durch die Überreste des Jugendclubs „Gérard Philipe“ in Treptow. Nur die Grundmauern des Gebäudes an der Karl-Kunger- Straße stehen noch. Der Dachstuhl ist eingestürzt, das Inventar komplett verbrannt.

In der verkohlten Trümmerlandschaft verstreut liegen zerbrochene Tassen und Teller. Nur in dem eisernen Wandschränkchen des völlig ausgebrannten Büros im zweiten Stock finden sich noch einige unversehrte Schlüssel. Doch wozu eine Brandruine absperren? Jugendclub-Mitarbeiterin Sylvia Schlegel hat nicht nur wegen des beißenden Brandgeruchs feuchte Augen. „Wir haben uns hier gestern mit einigen Jugendlichen zur Lagebesprechung getroffen“, sagt sie mit einem traurigen Blick auf die trostlose Ruine: „Viele haben geheult.“

Über die Ursache des Feuers, das in der Nacht zum Ostermontag auf 1.200 Quadratmetern wütete, möchte sie nicht spekulieren. Falls der Brand gelegt wurde, dann auf keinen Fall von den Jugendlichen des Hauses: „Wir hatten hier immer eine friedliche Atmosphäre.“

Die Polizei, so erklärte gestern die Pressestelle, ermittelt wegen Brandstiftung, da die Eingangstür Einbruchspuren aufweist. Für einen politischen Hintergrund gebe es aber keinen Hinweis. Auch ein technischer Defekt sei nicht auszuschließen. Schon im Dezember 1994 kam es zu einem ungeklärten Brandanschlag auf den benachbarten Abenteuerspielplatz „Kuhfuß“.

Der Spielplatz konnte schnell wieder aufgebaut werden. Mindestens ein Jahr, so erklärte Jugendstadtrat Joachim Stahr (CDU), werde es hingegen dauern, bis das „Gérard Philipe“, das nach Ansicht der Baubehörde abgerissen und komplett neu aufgebaut werden muß, wieder in Betrieb genommen werden kann. Der Neubau des versicherten Gebäudes werde nach einer ersten Bestandsaufnahme vier Millionen Mark kosten.

„Auf jeden Fall wird es ein neues Jugendhaus geben“, beteuert Stahr. Besucher und Mitarbeiter des Clubs sind da allerdings skeptischer. Doch selbst wenn sich der Stadtrat für einen Neuaufbau verbürgt, zwischenzeitlich haben die Jugendlichen in Treptow keinen Anlaufpunkt. Stahr: „Bis jetzt sind uns noch keine Ersatzmöglichkeiten für Jugendarbeit eingefallen“.

Täglich haben sich an die hundert Kinder und Jugendliche in dem Haus und auf dem Spielplatz getroffen. Zahlreiche Aktivitäten von Backen bis Kino wurden angeboten. Bei Konzerten kamen bis zu 500 Leute. „Die nächste nichtkommerzielle Jugendeinrichtung ist fünf Kilometer entfernt“, sagt Sozialarbeiter Ralf Kintzel: „Unsere Jugendlichen stehen jetzt einfach auf der Straße.“ Carla Müller vom „Kinderring Berlin“ weist auf die hohe Jugendkriminalität der Gegend hin. Es bestehe die Gefahr, daß die Jugendlichen zwischenzeitlich abwandern: „Eine Rückführung ist dann immer sehr schwierig.“ Simone Miller