■ Mit deutschen Erdgasautos auf du und du
: Neuer Tiger im Tank

Berlin (taz) – Auch in Deutschland wird Erdgas als Treibstoff entdeckt. Wie in den USA sind es zunächst die Städte, die ihre Fuhrparks umrüsten: Hannover, Saarbrücken, Mainz und Gotha haben die ersten Busse mit Erdgasantrieb gekauft oder bestellt. Und das Bonner Kabinett hat jetzt Steuererleichterungen für Erdgas beschlossen, was den Trend beschleunigen wird.

Hauptgrund für die Umstellung ist der Vorteil für die Umwelt. Weil Erdgas sauberer verbrennt als Diesel, entfallen die Rußwolken; Stickoxide, Benzol und Kohlenmonoxid werden ebenfalls drastisch reduziert. Dadurch sinkt die Ozonbildung im Sommer, und graue Smogwolken im Winter werden ebenfalls seltener. Auch das Klima profitiert vom neuen Treibstoff, weil Erdgas bei der Verbrennung weniger CO2 entwickelt.

Doch diese Vorteile für die Umwelt sind nicht umsonst. Ein konventioneller MAN-Bus mit Dieselmotor kostet etwa 400.000 Mark; mit Erdgasantrieb ist der gleiche Bus 70.000 Mark teurer. Dazu kommen die Kosten für die notwendige Erdgastankstelle.

Immerhin entfällt künftig die bisher höhere Besteuerung von Erdgas im Vergleich zu Benzin und Diesel. Ab dem 1. Januar 1996 soll der Steuersatz hierfür um zwei Drittel gesenkt werden – zunächst auf fünf Jahre befristet. Widerstand dagegen kam vor allem von den Ölkonzernen. Deren Fachblatt Brennstoffspiegel warnt: Schon durch die Umstellung von Bussen und LKW in den Kommunen würde die Mineralölwirtschaft „in absehbarer Zeit circa eine Million Tonnen Dieselkraftstoff weniger“ absetzen.

Ganz so schlimm wird's für die Ölverkäufer wohl nicht kommen. Denn diverse Städte werden den Mehraufwand bei der Anschaffung scheuen. Doch in fortschrittlichen Kommunen wächst durch die günstige Besteuerung nun die Bereitschaft, Busse immer gleich mit Erdgasantrieb zu bestellen: „Das ebnet den Weg“, sagt Roland Heinz von den Stadtwerken Mainz, wo heute schon drei Erdgas-Linienbusse fahren.

Die häufig gefürchtete Explosionsgefahr besteht bei Erdgasfahrzeugen übrigens nicht. Denn anders als Benzin ist Erdgas leichter als Luft; wenn tatsächlich einmal ein Tank undicht ist, entweicht das Gas sofort in einer Flamme nach oben.

Im Herbst will BMW nun sogar einen Erdgas-PKW auf den Markt bringen. Zwei Modelle sollen ab November in Serie gehen. Mehrkosten: 7.000 Mark pro Auto. BMW hofft, pro Jahr 1.500 bis 2.000 Erdgasautos zu verkaufen – zunächst allerdings wohl kaum an Privatleute, sondern an öffentliche Fuhrparks. Felix Berth