„So was Ähnliches wie der Günter“

■ Kanzleramtsspion Guillaume beerdigt / Viele Trauergäste nur von ihresgleichen erkannt

„Gönnen sie ihm endlich die Ruhe, die er verdient hat!“ appellierte der Trauerredner an die am Grab von Günter Guillaume versammelte vielköpfige Journalistenschar. Obwohl der Beisetzungstermin für den einstigen DDR- Meisterspion bis zuletzt geheimgehalten worden war, hatten so viele Menschen gestern den Weg zum Marzahner Friedhof gefunden, daß eigens dafür abkommandierte Polizisten die Autos zurechtwinken mußten. Neben etwa sechs Dutzend Journalisten waren vor allem ehemalige „Kollegen“ gekommen, ihrem „Vorbild“ die letzte Ehre zu erweisen. „So was Ähnliches wie der Günter“, antwortete etwa ein älterer Herr auf die Frage, womit er denn seine Brötchen verdient habe. Die meisten Trauergäste wurden ihrem früheren beruflichen Credo entsprechend denn auch nur von ihresgleichen erkannt.

Dennoch waren auch einige bekannte Gesichter auszumachen. Darunter Markus Wolf, der als damaliger Chef der Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) im Stasi- Ministerium für Guillaume zuständig war. Stumm wartete er auf den Beginn der Trauerfeier, ebenso wortlos verschwand er nach deren Ende. Sein Nachfolger, Werner Großmann, der auch die Gedenkrede in der völlig überfüllten Trauerhalle gehalten hatte, war da wesentlich auskunftsfreudiger. Aus seiner Sicht konnte Willy Brandt vor allem deshalb erfolgreiche Friedenspolitik machen, weil ihm sein von der Stasi ferngelenkter Referent Guillaume entsprechende Ideen lieferte. „Er hat nicht gegen, sondern mit Brandt gearbeitet und somit dem Frieden gedient“, sagte Großmann. Wie viele andere auch sei Guillaume damit ein Wegbereiter der deutschen Einheit gewesen.

Guillaume hatte vor gut einem Jahr den Nachnamen seiner zweiten Frau Elke angenommen. Deshalb konnten die auf strengste Diskretion eingeschworenen Friedhofsmitarbeiter auch noch am Vortag wahrheitsgemäß die Beerdigung Günter Guillaumes dementieren: Er kam als Günter Bröhl unter die Erde. Stephan Natz