Teures AKW von Helmut Kohl

■ Drei Milliarden Mark für Mülheim Kärlich?

Koblenz (AP/rtr/dpa/taz) – Geschummelt haben beide. Jetzt sollen beide dafür bezahlen. Der Energiekonzern RWE allerdings darf eine Abschreibung halbieren, die schon lange in den Büchern steht. Das Land Rheinland-Pfalz dagegen soll etwa 3,5 Milliarden Mark aus Steuergeldern an den Düsseldorfer Konzern überweisen. So hat gestern das Oberlandesgericht in Koblenz über eine Schadensersatzforderung des RWE entschieden.

RWE hat das Atomkraftwerk Mülheim Kärlich, das seit 1988 abgeschaltet ist, etwa sieben Milliarden Mark gekostet. Schuld daran ist eine „Amtspflichtverletzung“ aus dem Januar 1975. Das haben die Richter gestern in zweiter Instanz erneut als Recht anerkannt. Vor zwanzig Jahren hatte die damals noch christdemokratische Landesregierung von Rheinland-Pfalz unter starkem Drängen des Betreibers wie auch des Ministerpräsidenten Kohl eine Bauphase des Atomkraftwerks genehmigt, die sie nach dem geltenden Atomgesetz nicht hätte genehmigen dürfen. Der Rechtsverstoß wurde erst 1988 festgestellt, das von Brown Boveri gebaute Atomkraftwerk, das fast baugleich mit dem Katastrophenreaktor von Harrisburg ist, hat nur ein knappes Jahr lang im sogenannten Probebetrieb Strom geliefert.

Das Landgericht Mainz hatte noch 1992 in erster Instanz entschieden, daß Rheinland-Pfalz die Hälfte der finanziellen Schäden zu tragen habe, die dem RWE entstanden sind und noch entstehen werden. So weit wollte die zweite Instanz nun nicht gehen. Einen Anspruch auf entgangene Gewinne für den von Anfang an illegal erzeugten Strom hat das Oberlandesgericht nicht mehr anerkannt. Es bleibt aber beim Anspruch des Betreibers auf die Hälfte der Investitionskosten. Die Landesregierung will nach Prüfung der schriftlichen Urteilsbegründung entscheiden, ob sie in Revision geht. Auch RWE behält sich eine Revision beim Bundesgerichtshof vor. nh Kommentar auf Seite 10