Rechenkünste eines Politikers

■ Für bislang nicht vorhandene Investoren stehen 30 Hektar „Toplage“ am Flughafen bereit / Finanziert aus Jägers Schattenhaushalt

Eine Hand wäscht die andere, wird sich Rolf Hauer, Geschäftsführer der Firmengruppe Elko-Technik, gedacht haben, als ihn Wirtschaftssenator Claus Jäger um Platz für eine Pressekonferenz im Airport Gewerbezentrum gebeten hat. Hauer ist der erste Investor in dem 33 Hektar großen Gebiet um den Bremer Flughafen. 6.000 Quadratmeter hat er dem Wirtschaftsressort abgekauft und darauf einen modernen Gebäudekomplex errichtet. Und Claus Jäger wollte gestern der Presse erste Erfolge in dem Gewerbegebiet zeigen. Dort entstehe ein „ökologisches Musterbeispiel für eine flächensparende Verdichtung von Innenräumen“.

Um Elko herum sieht es noch so wüst aus wie eh und je: Ungepflasterte Wege führen zu den mit Wellblech gedeckten Baracken, Autoverwerter und Schrotthändler gehen darin ihrem Gewerbe nach. Dahinter stehen Schrebergarten-Häuschen und dubiose Wohnwagen. Der Elko-Geschäftsführer Rolf Hauer residierte früher direkt am Flughafen. Die bundesweit arbeitende Elko-Technik entwickelt Sicherheitsanlagen für Flughäfen, bastelt an allem, was mit Meß- und Regeltechnik für Brandsicherung und Überwachung zu tun hat.

Als mit dem Umbau des Flughafens begonnen wurde, mußte Elko weichen. Das Gewerbegebiet drumherum war zwar noch nicht fertig ausgeschrieben, Hauer setzte sich mit seinen Bebauungswünschen jedoch durch. Ob es nun an seinem „Glauben an das Gebiet“ lag oder daran, daß er einer alten Bremer Familie entsprang: Hauer wollte nicht in das naheliegende Gewerbegebiet im niedersächsischen Stuhr.

Hilfreich wird auch der günstige Preis für einen Quadratmeter in dem von Bomben und Altlasten gereinigten Gebiet gewesen sein: Hauer hat 112,50 Mark für den Quadratmeter gezahlt. Die Post AG mußte immerhin 150 Mark für den Quadratmeter berappen. Sie konnte ihr Briefverteilzentrum allerdings direkt an die Rollbahn stellen, logistisch und damit auch finanziell günstig.

Dennoch – über die Preise für die „hervorragenden Gewerbeflächen in Toplage“, so Claus Jäger, waren sich er und Dieter Russ, Geschäftsführer der Flughafen Gewerbegebiet-Entwicklungsgesellschaft (FGE) gestern nicht einig: Dem Wirtschaftssenator schweben 100 Mark vor, Russ rechnet grundsätzlich mit 150 Mark pro Quadratmeter. „120 Millionen Mark sollen durch die Verkäufe wieder reinkommen“, sagt Russ. Aber diese Summe wird auch bei seinen Preisvorstellungen nicht in Bremer Kassen fließen. Bei 30 Hektar verkaufter Fläche wird Russ nämlich nur auf 45 Millionen Mark kommen.

Bis überhaupt Geld reinkommt, finanziert Jäger die prognostizierten 151 Millionen für die Erschließung des Gewerbegebietes aus einem neuen Schattenhaushalt. „Das ist so ein changierendes System aus Verkäufen und Käufen mit dem Finanzsenator zusammen“, sagt Bremens politischer Wirtschaftshüter. Aus dem scheinbar unerschöpflichen Wirtschaftspolitischen Aktionsprogramm (WAP) will Jäger außerdem Geld nehmen.

Hilfreich mögen zudem Steuergroschen aus Bonn für die Beseitigung von ausländischen Bomben aus dem Zweiten Weltkrieg sein: Für internationale Kampfmittel ist der Bund zuständig. Außerdem mag die ein oder andere Mark der BSAG für die neue Trasse der Straßenbahnlinie 5 fließen.

Bis 1997 soll das Gebiet um den Flughafen vollständig erschlossen sein. Seit dem ersten Architektur-Wettbewerb für die neuen Gebäude dort sind dann über zehn Jahre vergangen. Diskutiert darüber wird bereits seit Mitte der siebziger Jahre. Den Wettbewerb hatte damals der Bremer Architekt Gert Schulze gewonnen. Seine Pläne sehen eine geschlossene Straßenrandbebauung vor, damit es nicht „aussieht wie in der Neuen Vahr“, wie der Leiter des Stadtplanungsamtes Kniemeyer sagt.

Um den Flughafen herum wollen die StadtplanerInnen versuchen, den Eindruck einer Stadt herzustellen. Die hoffentlich kommenden Dienstleister und HiTech-ProduzentInnen werden daher einheitlich bauen müssen. Ähnlich wie im Technologiepark an der Universität sollen die Gebäude mit bayerischen Ziegeln verklinkert werden. Ein teures Unterfangen und längst nicht jedermanns Geschmack.

Doch Projektleiter Dieter Russ wird vorläufig andere Sorgen haben. Er hat erst einen ernsthaften Kaufinteressenten. „Wir haben auch noch nicht mit der Akquise begonnen.“

ufo