CDU-Basis will die Vereinigung

■ Bei der CDU-Mitgliederbefragung sprechen sich 75 Prozent für die Länderehe aus / Über die Hälfte für Fusionsjahr 1999

Die Gegner blieben kleinlaut im Hintergrund, der Landesvorsitzende strahlte über das ganze Gesicht. „Das Zittern ist vorbei“, kommentierte gestern Eberhard Diepgen das deutliche Ergebnis der CDU-Mitgliederbefragung zur Länderfusion. 75 Prozent hatten sich für, 25 Prozent gegen die Länderehe Berlin-Brandenburg ausgesprochen.

Die eigentliche Überraschung war aber das Abstimmungsverhalten über das Datum der Fusion: Von den ingesamt 4.572 gültigen Stimmen entfielen 55 Prozent auf das Jahr 1999. Nur 19 Prozent (886 Mitglieder) plädierten hingegen für 2002 – den Termin, der bislang vom CDU-Fraktionschef Klaus- Rüdiger Landowsky und einer ganzen Reihe von Abgeordneten seiner Partei befürwortet wird. Obwohl sich nur ein Drittel der rund 15.000 CDU-Mitglieder an der Befragung beteiligte, wollte sich Parteichef Diepgen die Freude an diesem Tag nicht trüben lassen: „Das Ergebnis ist so überzeugend, daß wir die Kirche im Dorf lassen sollten.“

Auf seiten der Fusionsgegner war man bemüht, Haltung zu wahren. „Keine Frage, ein Superergebnis für Diepgen“, so der Haushaltsexperte und Vizepräsident des Abgeordnetenhauses, Reinhard Führer, gegenüber der taz. Das Abstimmungsergebnis wertete der 49jährige auch als einen Loyalitätsbeweis vieler Mitglieder gegenüber Diepgen. „Viele haben sich wohl gesagt: Wenn schon die Fusion, dann macht es doch bitte schnell.“ Den Befürwortern einer Länderehe im Jahr 2002 sei es nicht gelungen, ihre Argumente der Basis hinreichend zu verdeutlichen.

Zuversichtlich blickte Diepgen gestern der am 22. Juni stattfindenden Abstimmung über den Staatsvertrag im Berliner Abgeordnetenhaus und Potsdamer Landtag entgegen. Er sei sich sicher, daß die erforderliche Zweidrittelmehrheit zustande komme. Das Votum der Mitglieder habe zwar keine Verbindlichkeit für die CDU-Parlamentarier, sinnierte der Regierende Bürgermeister. Er gehe aber davon aus, daß die Entscheidung jedes einzelnen Abgeordneten beachtet wird. Nach Einschätzung von Führer stehen derzeit rund ein Viertel der 100 CDU-Abgeordneten der Fusion ablehnend gegenüber.

Zurückhaltend beurteilte Diepgen die Rolle des CDU-Fraktionschefs Landowsky. Dieser hatte das Mißbehagen gegenüber der Länderehe kanalisiert und sich wiederholt für 2002 als Fusionsdatum ausgesprochen. Landowksy habe sich doch nicht grundsätzlich gegen die Fusion ausgesprochen, sondern nur die „Fragen artikuliert, die in der Stadt gestellt worden sind“, meinte Diepgen. Zugleich äußerte er aber die Erwartung, daß die CDU-Fraktion nach einer noch ausstehenden Bewertung des Staatsvertrags „mit einem klaren Bekenntnis, nicht mit Jein, nicht mit Wackelpudding in die bevorstehende Diskussion mit der Bevölkerung geht“. Severin Weiland