Schlagabtausch und Fausthandwerk

■ Das neue Produkt Profi-Frauenboxen versucht sich mit Anlaufschwierigkeiten als große Show in Las Vegas

Las Vegas (taz) – George Foreman, Weltmeister der vielen weisen Worte, hat natürlich auch zum Frauenboxen etwas zu sagen. „Ich hatte vier Scheidungen, keiner soll mir erzählen, daß Frauen nicht kämpfen können“, teilt er mit, bevor er ernsthaft wird und bündig erklärt: „Frauen sollten alles tun können, was sie wollen.“ Gerade beim Frauenboxen hat sich diese Ansicht noch nicht unbedingt durchgesetzt, obwohl der Sport eine lange Tradition besitzt und schon seit 1880 ausgeübt wird. Der Deutsche Amateurbox-Verband (DABV) weigert sich standhaft, Frauen aufzunehmen, und auch bei den Profis hat das weibliche Geschlecht einen schweren Stand, vor allem in finanzieller Hinsicht. So hat es Europameisterin Regina Halmich immer noch nicht geschafft, den in Aussicht gestellten lukrativen Vertrag beim Hamburger Promoter Kohl unter Dach und Fach zu bringen.

Die „Women's International Boxing Federation“ (WIBF) möchte all das ändern, und zwar schnell. Präsidentin Barbara Buttrick gehörte in den 50er Jahren als „Little Barbara“ zu den neuzeitlichen Pionierinnen des Frauenboxens und verwahrt sich vor allem gegen die Behauptung, daß Boxen für Frauen besonders gesundheitsschädlich sei: „Ich habe 15 Jahre geboxt und nicht mehr davongetragen als ein paar Beulen und blaue Flecke.“

Vize-Präsident Jimmy Finn vergleicht die Situation mit dem Marathonlaufen vor zwanzig Jahren, als eine Schar von Ordnungskräften versuchte, Kathy Switzer an der Teilnahme am Boston Marathon zu hindern. „Heute ist ein Drittel des Feldes weiblich, und das Preisgeld für Männer und Frauen ist gleich.“

Ein großer Schritt in eine ähnliche Richtung sollte die „First Female Fistic Supershow“ im Aladdin-Hotel von Las Vegas sein, bei der sechs Weltmeistertitel auf dem Spiel standen. „The boxing event of the year“ zog zwar nicht gerade Massen von Zuschauern an, aber die rund tausend Leute, die Eintrittskarten für 10 bis 25 Dollar erwarben, bereuten ihr Kommen keineswegs.

Vom rüden Schlagabtausch bis zum feinsinnigen Faustkunsthandwerk wurde alles geboten, was das Herz der Boxfreunde und -freundinnen gemeinhin erfreut, der anwesende Anhang der Akteurinnen sorgte vor allem in seiner mexikanischen Variante für angemessene Stimmung, und nur die unsäglich lärmige deutsche Horde um Graf- Erpresser Ebby Thust und Filmcharge Heiner Lauterbach fiel aus dem Rahmen, weil sie sich nicht damit begnügte, ihrer Favoritin Regina Halmich zuzujubeln, sondern deren Gegnerin ebenso wüste wie ungalante Buhrufe entgegenschleuderte.

Die Kämpfe waren auf zehn Runden angesetzt, aber nur der erste, ein technisch guter, an gehobenes Amateurboxen gemahnender Fight zwischen Delia Gonzalez (USA) und der Niederländerin Fienie Klee ging über die volle Distanz. Gonzalez gewann klar nach Punkten, symptomatisch für den weiteren Verlauf des Abends, an dem die Europäerinnen nicht viel zu bestellen hatten. Einzig die Belgierin Daniella Somers gewann einen Titel, gegen die Norwegerin Helga „Snowcat“ Risoy, der Rest ging nach Amerika.

Besonders übel erging es Regina Halmich, die ziemlich siegesgewiß nach Las Vegas gereist war. „Schließlich hatte sie in Europa alles gewonnen“, meinte ihr Trainer Jürgen Lutz. Doch Kontrahentin Yvonne „The Terminator“ Trevino, Regierungsangestellte aus Phoenix/Arizona, machte ihrem Kampfnamen alle Ehre. Die 18jährige aus Karlsruhe wehrte sich zwar tapfer, hatte aber nicht die Spur einer Chance gegen ihre physisch wie boxerisch überlegene Gegnerin und wurde nach der 4. Runde wegen einer dicken Blessur unter dem Auge aus dem Ring genommen, was sie zwar heftig erboste, aber vor größerem Schaden bewahrte.

Der erhoffte Geldsegen durch WM-Titelverteidigungen und den ersehnten Profikontrakt fällt nun erst mal aus, Trainer Lutz nahm es gelassen: „Auch Boris Becker verliert schließlich mal.“ Matti Lieske