Friedensgespräch in Mexiko geplatzt

Als die Zapatisten am Treffpunkt erscheinen, jubeln die Leute ihnen zu – deshalb wollen die Abgesandten der Regierung lieber nicht am Dialog in Chiapas teilnehmen  ■ Aus Mexiko-Stadt Anne Huffschmid

Pünktlich und unbewaffnet fanden sich die Abgesandten der Zapatisten-Guerilla EZLN am verabredeten Treffpunkt ein. Am Donnerstag sollten die ersten Friedensgespräche seit einem Jahr zwischen der mexikanischen Regierung und den Rebellen in der kleinen Gemeinde San Andres Larrainzar stattfinden, 25 Kilometer nördlich von San Cristóbal. Doch die Zapatisten warteten – zusammen mit Hunderten von MedienvertreterInnen – vergebens.

Die Vertreter des Innenministeriums kamen nicht. Begründung: der begeisterte Empfang, den über tausend eigens anmarschierte IndianerInnen und Campesinos den acht zapatistischen Comandantes am Mittwoch abend bereitet hatten. Die vielen Vivas und Transparente mit der Aufschrift „Auch ich bin Marcos“ wurden vom Innenministerium zutreffend als „fehlende Neutralität“ interpretiert. Eine derartige „Propagandaszenerie für die EZLN“ verletze die Sicherheitsvereinbarungen und gefährde gar das Zustandekommen der Gespräche, heißt es in einem Kommuniqué der Regierung.

Daß die IndianerInnen, die zum Teil von weither aus ihren Dörfern aufgebrochen waren, aus freien Stücken und eigener Initiative den Dialogprozeß beobachten wollen, können sich die Regierungsvertreter dagegen nicht vorstellen. Wie schon im Januar letzten Jahres bezeichneten sie die – diesmal allerdings vollkommen waffenlose – Indio-Mobilisierung als „von außen manipuliert“. Entsprechend forderten sie den Leiter der unabhängigen Vermittlungskommission CONAI, Bischof Samuel Ruiz, auf, die „Indianer-Kontingente“ vom Schauplatz des künftigen Dialogs wieder „abzuziehen“.

Aber auch die Zapatisten äußerten ihre Bedenken bezüglich der Sicherheit vor Ort. Erst wenige Tage zuvor hatte die Armee als „Signal der Entspannung“ ihren Rückzug auf sieben Kilometer außerhalb der Ortschaft angekündigt. Aber erstens hätten sie sich, so die EZLN-Vertreter, in die „falsche Richtung“ zurückgezogen – weiter in den Regenwald hinein –, und außerdem seien noch am Donnerstag bewaffnete Soldaten wenige hundert Meter von eben jenem Basketballfeld gesichtet worden, auf dem das eigens errichtete Verhandlungshüttchen auf seine Einweihung wartet.

Nicht weniger als vier sogenannte „Friedensgürtel“ schirmen seit Mittwoch das Spielfeld gegen etwaige Provokateure ab: im Innern Mitarbeiter des Roten Kreuzes, dann die lokale Bevölkerung, im dritten Ring rund 2.500 Militärpolizisten und erst ganz außen die aus allen Teilen des Landes angereisten Mitglieder regierungsunabhängiger Organisationen.

Ob man die Bevölkerung dazu bewegen kann, von ihren „parteiischen“ Sympathiebekundungen abzulassen und das Feld zu räumen, war bis Redaktionsschluß noch völlig unklar. So stehen die Gespräche, an denen zunächst weder Innenminister Moctezuma noch Subcomandante Marcos teilnehmen werden, wieder einmal in den Sternen.