Zeit der Anpassung

■ betr.: „Fairer Handel“ Eurotaz vom 11. 4. 95, taz-Hanf-Spezial

[...] Bei der Berichterstattung zu fairem Handel wurde zwar nicht die Unwahrheit geschrieben, allerdings wurden ein paar zusätzliche Aspekte weggelassen beziehungsweise als unwichtig erkannt.

1. Es ist zwar schön, daß es im Supermarkt TransFair-Kaffee zu kaufen gibt, der auch teurer ist und von dessen Erlös die Erzeuger mehr Kohle sehen als von einem Eduscho-Kaffee. Aber man sollte nicht verschweigen, daß auch dies nur ein fauler Kompromiß ist und daß es wirklich fair gehandelten Kaffee auch weiterhin nur in Eine- Welt-Läden gibt; ermöglicht und garantiert durch den Import von Non-Profit-Organisationen wie der gepa und dem dritte-welt-partner, die den Erzeugern immer noch deutlich höhere Preise garantieren als die TransFair-Importeure.

2. Kaffee ist nicht das einzige Handelsgut, bei welchem Erzeugerländer von uns Wohlstandsländern über den Tisch gezogen werden. Wo bleibt ein TransFair-Siegel für Bananaen, Kakoa, Tee, Mangos ...? Auch hier gibt's keine Alternative zu den Eine-Welt-Läden!

3. TransFair ist zwar schön und gut, hält aber gleichzeitig einen Teil des Personenkreises von den Eine-Welt-Läden fern, die bisher hier ihren fairen Kaffee und nebenbei auch noch andere fair gehandelte Waren kauften. Der Anteil des pseudogerechten TransFair-Kaffees am Verbrauch steigt also um den Preis der Zerstörung der klassischen Vertriebsschiene wirklich fair gehandelter Waren.

Aber in unserer Zeit der Anpassung, der faulen Kompromisse und der Minimalforderungen muß dies wohl so sein. Ziele lassen sich also wohl nur noch durch Anpassung an die Kommerzkultur erreichen. Jüngstes Beispiel ist die bedingungslose Kommerzialisierung der Hanfkampagne. Oder glaubt etwa im Ernst jemand, daß sich auch nur ein einziger dieser Hanf-Schnick- schnack-Händler, die jüngst im taz-Hanf-Spezial ihr Hanfzeugs offerierten, sich zum Unternehmungsziel gesetzt hätten, sich irgendwann überflüssig zu machen, wenn ihre vorgeschobenen Ziele der Legalisierung erreicht sind? Im Gegensatz zur Hanfkampagne ist und bleibt es das Ziel der Dritte- Welt-Bewegung sich irgendwann überflüssig zu machen! Eberhard Stett, Dritte-Welt-

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