■ Das Portrait
: Für Meinungsfreiheit

Dai Qing Foto: Reuter

„Ich habe großen Respekt für die Umweltbewegung, doch ich betrachte mich nicht als Umweltkämpferin. Mir geht es vielmehr darum, etwas in Richtung Meinungsfreiheit zu bewegen. Eine einzige freie Zeitung könnte das Drei-Schluchten-Projekt stoppen“, beschreibt die chinesische Journalistin Dai Qing ihr Motiv, sich gegen den gigantischen Staudamm am Yangzi zu engagieren. Bekannt wurde sie durch ihr Buch „Yangzi! Yangzi!“, das im Februar 1989 erschien. Darin läßt sie StaudammkritikerInnen zu Wort kommen, deren Warnungen die gleichgeschalteten chinesischen Medien ignorieren. Doch schon im Juni 1989 walzen die Panzer der chinesischen Armee das zarte Pflänzchen der Öko-Opposition nieder. Dai wird verhaftet, ihr Buch eingestampft.

Ihrer hochrangigen Verwandtschaft hat sie es zu verdanken, daß sie die Haft im Pekinger Prominentengefängnis Qincheng verbringen darf. Marschall Ye Jianying, ein Veteran des Langen Marsches, hatte die 1941 Geborene adoptiert. Ihre Karriere verläuft zunächst ganz in seinem Sinne. Sie studiert Raketenbau in Harbin, arbeitet ab 1966 in einem Pekinger Rüstungsbetrieb und später beim Geheimdienst.

1969 werden sie und ihr Mann für zwei Jahre auf eine Armeefarm strafversetzt, die gerade geborene Tochter wird in Pflege gegeben. Sie beginnt zu schreiben. 1980 erscheint die Erzählung „Pan“ (Sehnsucht) über die private Tragödie eines Intellektuellen-Ehepaars, das sich für Partei und Staat aufgeopfert hat. Das trägt ihr 1982 den Posten der Kulturredakteurin bei der Tageszeitung Guangming Ribao ein. In den folgenden Jahren arbeitet sie unter anderem an einer Reportagenserie über Frauen. Sie berichtet über eine aus dem Umerziehungslager Entlassene; eine Neunjährige, die vergewaltigt wurde, eine Geschiedene, die wieder heiraten möchte, eine Dissidentin, die unter Mao 13 Jahre im Gefängnis saß.

Dai Qing selbst wird 1990 nach zehnmonatiger Haft entlassen und unter Hausarrest gestellt. Veröffentlichen kann sie in China nichts mehr. 1991 ermöglicht ihr ein Stipendium der Harvard Universität die Ausreise in die USA. Dort wird sie 1993 mit dem Goldman Environmental Award ausgezeichnet. Inzwischen lebt sie wieder in Peking. Anfang April kam sie in die Bundesrepublik, um über die Kampagne gegen das Staudammprojekt zu berichten. Ein Dossier über das Projekt ist bei WEED (0228-696479) erhältlich. Eva Sternfeld