Gutes Gefühl nach Niederlage

■ Susanne Kamien, die Vorsitzende der BI Umweltschutz Lüchow-Dannenberg, zum Castor und zu Gerhard Schröder

Die BI Umweltschutz besteht aus eigenständigen Gruppen, die unter anderem zum Endlager Gorleben arbeiten. Sie sammelt auch persönliche Berichte über Zwischenfälle bei Demonstrationen und Fotos der letzten Tage. Einfach an die BI, Drawehner Straße 3 in 29439 Lüchow senden.

taz: Der Castor ist im Zwischenlager. Was nun?

Susanne Kamien: Nach fünf Stunden Schlaf in drei Tagen erst einmal erholen.

Sind die Bewohner des Wendlands nicht gefrustet?

Im Gegenteil. Wir gehen mit einem sehr guten Gefühl aus der Sache heraus. Bei unseren nächsten Aktionen werden noch mehr Leute auf den Straßen sein. Wir werden die Themen auch noch erweitern. Es gibt ja genug hier: Demnächst werden Glaskokillen mit radioaktivem Müll eingelagert, die Pilotkonditionierungsanlage, das Endlager. Dann kann sich Bonn überlegen, wie lange es sich das alles noch leisten will.

Was sagen sie zur niedersächsischen Landesregierung?

Gerhard Schröder hat sich durch sein Verhalten maßlos blamiert. Er hat erst reagiert, als er nichts mehr übersehen konnte. Und dann nur große Sprüche geklopft. Das schärfste war aber sein Satz vom Montag abend, als er meinte: „Der Vorgang Gorleben ist für mich abgeschlossen.“ Der soll sich bloß nicht mehr in Dannenberg blicken lassen.

Eine Drohung?

Wir werden ihn natürlich nicht verprügeln. Aber wir versuchen, ihm und der SPD deutlich zu machen, daß seine politische Karriere beendet ist. Aus unserer Sicht kann er sich auch die Kanzlerkandidatur abschminken.

Was passiert, wenn die nächsten Brennelemente kommen?

Wir glauben, das war der erste und letzte Castor-Transport. Die ganze Gegend mußte in ein Heerlager verwandelt werden, um das Ding durchzukriegen. Vorher gab es eine Kampagne von offizieller Seite, daß es auf jeden Fall zu Gewaltakten kommen wird. Trotzdem haben wir es geschafft, die Sache nicht eskalieren zu lassen. Das ganz normale Volk hat mitprotestiert, und die Bevölkerung in Deutschland hat das gesehen. Daraus schöpfen viele Leute Kraft.

Und die Auseinandersetzungen um den Straßentransport vom Bahnhof nach Gorleben?

Die Härte war völlig unnötig. Gut – direkt vor dem Lager flogen auch Steine. Aber erst, nachdem zum Beispiel Polizisten mit kurzen Gummiknüppeln auf die Nieren gekloppt haben. Aber gerade bei den Polizisten waren durchaus nicht alle mit ihrer Rolle zufrieden. Einige haben beim Räumen Blockierer nur einen Meter getragen statt der befohlenen 50 Meter und so die Blockade eher verlängert. Manche haben sogar geheult, weil sie hier einen Atomtransport durchbringen mußten.

Es haben sich auch absurde Dinge abgespielt. So haben Polizisten am Tag des Transports morgens an der Straße Dannenberg– Gorleben, über die der Castor transportiert werden sollte, die Luft aus den Reifen der geparkten Autos abgelassen. Ein Bauer wurde aus dem Bett geholt, weil sein Trecker als potentielles Blockademittel im Hof stand.

Fürchten Sie eine Kriminalisierung des Widerstands und damit eine Spaltung in „Militante und Normalbürger“?

Wer soll denn kriminalisiert werden? Leute, die mit dem Wasserwerfer duch den Wald gepustet werden? Das wird nicht klappen.

Interview: Reiner Metzger