Alles immer durchsichtiger

■ Datenschützer rügt Nutzung von Chipkarten

Bonn (taz) – Mit dem „gläsernen Asylbewerber“, dessen Daten auf einer „Asylcard“ zur Verfügung stehen, ist „das grundgesetzliche Gebot von der Unantastbarkeit der Menschenwürde“ in Gefahr. Das erklärte der Datenschutzbeauftragte Joachim Jacob gestern bei der Vorstellung seines Tätigkeitsberichts 1993/94 in Bonn. Auch die Vernetzung der Informationssysteme von Polizei und Verfassungsschützern sei verfassungswidrig.

Der Bericht läßt durchblicken, daß die wachsenden Möglichkeiten der Informationssammlung, -speicherung und -vernetzung den Datenschutz selbst gefährden – freilich etwas diplomatischer formuliert: Die „information highways“ stellten den Datenschutz „auf den Prüfstand“. Ein Beispiel: die computerlesbaren Krankenversicherungskarten. Die technischen Möglichkeiten, Gesundheitsinformationen zu speichern, seien „nicht nur im Prinzip verfügbar, sondern mit vielen Millionen von Karten und Tausenden von Lesegeräten bereits eingeführt“.

Jacobs Bericht macht aber auch deutlich, daß auch der ganz altmodische Verstoß ein Problem bleibt: Unter den 23 förmlichen „Beanstandungen“ im Datenschutzbericht, Jacobs schärfster Waffe, sind die Berufsgenossenschaften mit sechs Rügen überproportional vertreten. Sie übernehmen für die Arbeitgeber die Haftung, wenn Beschäftigte sich durch ihre Arbeit Krankheiten zuziehen oder gar völlig arbeitsunfähig werden. Jacobs rügt unter anderem, daß diese sich ohne die Kenntnis des Kranken bei seinen Ärzten oder seiner Krankenkasse nach ihm erkundigen. Andrea Dernbach