Gute Laune, gute Laune, gute Laune

■ Berlin-Brandenburg: Fusionsvertrag unterzeichnet, doch die größten Hürden kommen noch

„Das ist ja wie auf dem Standesamt“, raunt einer der rund 200 Ehrengäste, die bei der Unterzeichnung des Staatsvertrages für die Fusion von Berlin und Brandenburg im Innenhof des Jagdschlosses Glienicke stehen. Feierlich unterzeichnen die beiden „Bräutigame“ Diepgen und Stolpe den Ehevertrag für die Bildung des gemeinsamen Bundeslandes Berlin- Brandenburg, als Trauzeugen fungieren die Parlamentspräsidenten beider Länder.

Pflichtgemäß verbreiten die Hochzeiter Optimismus und gute Laune. „Berlin-Brandenburg wird eine Region der Chancen“, ist sich Diepgen sicher. Bis die Ehe vollzogen werden kann, sind jedoch noch zwei hohe Hürden zu nehmen: Ohne den Segen beider Landesparlamente und der Bevölkerung kann der am Donnerstag unterzeichnete Staatsvertrag nicht in Kraft treten. Am 22. Juni muß das Fusionspapier die Parlamente in Potsdam und Berlin passieren und dabei jeweils Zweidrittelmehrheiten erzielen. Das Abstimmungsverhalten gilt bisher noch als offen. Die Potsdamer SPD hat bislang fünf Fusionsgegner in den eigenen Reihen ausgemacht, in der CDU gelten vier Parlamentarier als „unsichere Kandidaten“. Um die nötige Mehrheit von 59 Stimmen zu schaffen, dürfen höchstens elf der insgesamt 70 Abgeordneten von CDU und SPD mit Nein votieren. Denn die 18 PDS-Parlamentarier haben bereits angekündigt, geschlossen gegen die Länderehe zu stimmen.

Daß man auch in Berlin erst einmal die Ergebnisse vom 22. Juni abwarten will, zeigt sich daran, daß das Informationsbüro Berlin- Brandenburg vorerst nur bis zu diesem Tag geöffnet sein soll. Erst nach der Abstimmung wird entschieden, ob die Einrichtung weiter Überzeugungsarbeit leisten soll. Täglich informieren sich bisher in dem seit 13. April geöffneten Büro etwa 30 bis 50 Bürger, zu 80 Prozent Anhänger der Fusion, wie Mitarbeiter Michael Dur berichtet.

Sollten beide Parlamente dem Staatsvertrag zustimmen, werden am 5. Mai 1996 die Bürger von Berlin und Brandenburg das letzte Wort zur Länderfusion haben. Auf beiden Seiten sind Ängste und Vorurteile gegenüber dem jeweils anderen Land weit verbreitet. Während mancher in dem mit 2,5 Millionen Einwohnern vergleichsweise dünn besiedelten Brandenburg eine Dominanz des mit 3,5 Millionen Bürgern übermächtig scheinenden Berlin fürchtet, haben nach den Worten Durs viele Berliner Angst, im „roten Meer“ des sozialdemokratisch regierten Brandenburg zu versinken. Auch fürchten die Berliner, durch den Zusammenschluß mit den ehemaligen DDR-Einwohnern aus der Nachbarschaft zu „verosten“.

Die Fusionsgegner wetzen bereits die Messer. Die brandenburgische PDS hat verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Vertrag angemeldet und läßt jetzt prüfen, ob eine Verfassungsklage dagegen möglich ist. Gesche Tebben, AP