Revolution fällt aus

■ Statt autonomer 1.-Mai-Demo in Kreuzberg findet in Prenzlauer Berg ein Kiezfest statt / RIM-Demo in Kreuzberg

Die Zeiten der traditionellen 1.-Mai-Randale in Kreuzberg scheinen vorbei zu sein. Wie bereits im vergangenen Jahr verzichten die Autonomen auf eine Demonstration in Kreuzberg.

In der Autonomen-Zeitschrift Interim rufen „einige (hoffnungsvolle) Linksradikale aus Berlin“ jedoch dazu auf, den Tag „nach unseren Vorstellungen (zu) ,begehen‘“. Der 1. Mai müsse „Anlaß sein, den durch die Umstände legitimierten Kampf auf der Straße offensiv und militant zu führen“. Sie fordern auf, kleine Läden nicht zu beschädigen, „aber die Schweineshops müssen umso mehr eins reinkriegen“. Kenner der Szene schätzen aber ein, daß dieser Aufruf kein allzu großes Echo finden dürfte.

Am 1. Mai 1987 endete das alljährliche Straßenfest auf dem Lausitzer Platz in SO 36 in einer stundenlangen Straßenschlacht mit der Polizei. Mehrere Geschäfte wurden geplündert, zahllose Autos abgefackelt. Seitdem war es an diesem Datum in Kreuzberg immer wieder zu Auseinandersetzungen mit der Polizei gekommen. 1992 mußte die 1.-Mai-Demo der Autonomen abgebrochen werden, nachdem sich Anhänger der Revolutionären Internationalistischen Bewegung (RIM) wüste Schlägereien mit Autonomen geliefert hatten.

In diesem Jahr ruft die stalinistische RIM für 13 Uhr auf dem Oranienplatz zu einer Demonstration auf. Unter dem Motto „Die Revolution hat das Wort“ will die RIM zum Brandenburger Tor ziehen. Nach Angaben der Polizei erwarten die Veranstalter „mehrere tausend Teilnehmer“. Die Polizei sei „wie immer gründlich vorbereitet“ und werde „flexibel auf alle Ereignisse reagieren, wenn es erforderlich ist“, hieß es in der Pressestelle. Demonstrationen von rechten Gruppierungen seien bislang nicht angemeldet worden.

Unter dem Motto „Widerspenstig & Lebendig" findet am Humannplatz in Prenzlauer Berg von 10 bis 19 Uhr ein „buntes, fröhliches Straßenfest gegen den grauen Alltag“ statt. „Leider haben die Faschisten in den letzten Jahren den 1. Mai genutzt, um an die Öffentlichkeit zu treten und gegen Minderheiten zu hetzen (...) Wir wollen dieser Entwicklung entgegentreten“, heißt es in einem Aufruf. Neben türkischer und lateinamerikanischer Musik gibt es Punk aus Bernau, internationales Essen und Informationsstände. Im Diskussionszelt finden u.a. Gesprächsrunden zur Lage der vietnamesischen VertragsarbeiterInnen (15 Uhr) statt. Um 14 Uhr berichten Antifaschistische Widerstandskämpfer, danach informiert die Vorbereitungsgruppe 8. Mai.

Garantiert friedlich, sportlich und ökologisch wird es beim Deutschen Gewerkschaftsbund abgehen. Der DGB ruft erstmals zu einem Fahrradkorso durch Berlin auf. Wer mitradeln will, sollte sich um 9.30 vor dem DGB-Haus in der Schöneberger Keithstraße 1/3 einfinden. Das diesjährige Motto lautet „geliebt, gehaßt, gebraucht – Die Arbeit – und morgen?“ Dorothee Winden