Nichts auf der Platte

■ Verdammt schwer, ein Jugendmagazin zu senden, das auch bei den Jungen ankommt: "Jack & Jack", 19.25 Uhr, ARD

Sie verträten quasi die „Generation X“, erklärte der eine Jack. Was das ist? „Das ist ja der Witz“, darauf der andere Jack, „daß das keiner weiß!“

Es soll vor allem die Schlagfertigkeit der beiden Jacks gewesen sein, die den Unterhaltungsmachern des Bayrischen Rundfunks so gefallen hat. Auf der Suche nach einem Lückenfüller für die Sendepausen von „Herzblatt“ kamen ihnen die eineiigen Zwillinge gerade recht. Für die ARD und für die „Generation X“ machen Thomas und Christian Schramm deshalb nun jeden Freitag einen auf „Jack & Jack“ – und einen auf „Jugendprogramm“. Was das ist? Das ist der zweite Witz: das weiß nämlich auch keiner.

Die Alten schauen nachmittags immer mit

Ein Jugendprogramm zu machen, das auch tatsächlich bei Jugendlichen ankommt, ist ungefähr so schwierig, wie es anstrengend ist, jung zu sein. Nicht nur das ZDF mußte unlängst zerknirscht zur Kenntnis nehmen, daß sein ultrajunges Comuputermagazin „X-Base“ und die Kindernachrichten „Logo“ vor allem von den über Fünfzigjährigen geschaut werden. Auch diejenigen Sender, die bei den Jugendlichen meßbare Erfolge erzielen, wie RTL oder Pro7, tun das nicht in erster Linie mit ihren Jugendsendungen am Nachmittag. Denn die Kids schauen sich, das hat die Fernsehforschung mittlerweile festgestellt, am liebsten zur Prime time nach 20 Uhr Spielfilme an – und zwar die gleichen wie ihre Eltern: „Der Kindergarten-Cop“, „Werner – beinhart“ oder „Robin Hood – König der Diebe“ stehen bei beiden Zielgruppen ganz oben auf der Hitliste.

Trotzdem machen alle Kanäle tapfer weiter Jugendprogramme. Die Öffentlich-Rechtlichen immer noch, um ihrem pädagogischen Programmauftrag gerecht zu werden, und die Privaten schon allein deshalb, weil man so gebündelt eine Zielgruppe anspricht, auf die wiederum die Werbung anspringt: Die unter Zwanzigjährigen sind die teuerste Werbezielscheibe überhaupt, denn sie sind schwer erreichbar, aber schnell entflammbar. Aber auch die ARD wird in ihrer Programmplanung längst von niederen Beweggründen geleitet: Denn vor acht darf auch hier kräftig geworben werden, und überdies ist längst klar, daß Hans später weiterschaut, was Hänschen einmal eingeschaltet hat.

Darum also müssen jetzt „Jack & Jack“ jene „Generation X“ vertreten, die niemand kennt, von der Marktforscher allerdings wissen, daß sie zu über 20 Prozent fest auf RTL abonniert ist. Die ARD erreicht bei den 14- bis 19jährigen dagegen nur gute 8 Prozent. Auch um die Ratings zu verjüngen, macht die ARD jetzt im Werberahmenprogramm ein Jugendmagazin, obwohl zu befürchten ist, daß auch diesmal wieder vornehmlich die Alten einschalten. Die konnten nämlich als Hänschen nur öffentlich-rechtlich schauen, und sind deshalb jetzt in so fataler Treue auf die ARD abonniert.

Und „Jack & Jack“ könnte den „Kukidents“ durchaus gefallen. Besser jedenfalls als der Viva-Generation. Denn das so wild geschnittene und vor Spontaneität triefende Dreißig-Minuten-Werk, in dessen Verlauf die beiden Eineiigen gleich acht jugendkultige Orte abklappern, ist längst nicht so fix und trendy, wie es gern sein möchte. Die in der ersten Folge präsentierte „Schwulen- und Lesbenhochzeit“ in Köln ist zum Beispiel schon Monate vorbei. Dem „adidas-Trend-Scout“ zwinkert man jetzt selbst in den Dorfdiscos wissend zu, und auch der Modelwettbewerb in Essen ist seit diversen „Bravo“-Dekaden vorüber.

Die Jungen schalten erst abends ein

Was bleibt, ist das unaufhörliche Gebrabbel von Jack & Jack, die sich nicht einmal in einer kosmetischen Sitzung still und stumm entspannen können: „Tut das eigentlich gut, Gutes zu tun?“ fragen sie die Kosmetikerin, „das tut nämlich gut, was du tust.“ Ob es dem Sendeplatz von „Herzblatt“ guttut, in der Schaffenspause nun an „Jack & Jack“ unterzuvermieten, ist noch nicht ausgemacht. Denn, so die bittere Botschaft der „Generation X“ an die „Generation P“ (der Programmacher): Erfahrungsgemäß ist gerade das nicht jugendtauglich, was sich die Berufsjugendlichen aus den Sendeanstalten als jugendgerechtes Programm ausgedacht haben.

Wie peinlich holzschnittartig die Vorstellungen der BR-Redakteure über ihre Zielgruppe sind, zeigt schon die arg angestaubte Erläuterung zum „Jack & Jack“- Konzept: „Freitags, bevor das Wochenende so richtig los geht“, heißt es da, „hängt man oft zuhause rum, nichts auf der Platte und es ist einfach noch zu früh, irgendetwas zu planen. Genau die richtige Zeit für Jack & Jack.“ Wer's glaubt, wird selig. Oder ARD-Programmdirektor. Klaudia Brunst