Der Golfkrieg fängt erst an

Golf ist Werbeträger des asiatischen Wirtschaftsbooms, doch gegen künstliche Wiesen mehrt sich ökologisch motivierter Widerstand  ■ Von Sven Hansen

Heute ist World No Golf Day. Mit dem Aktionstag gegen den Golfsport will das Global Anti-Golf Movement (GAG'M) auf die verheerenden ökologischen und sozialen Auswirkungen des elitären Sports aufmerksam machen. In GAG'M haben sich Umwelt- und Aktionsgruppen aus 16 Ländern vor allem aus Ost- und Südostasien zusammengeschlossen. In diesem Jahr ruft das Bündnis zum Boykott der japanischen Fluglinie Japan Airlines (JAL) auf und will vor deren Büros in Tokio und Waikiki (Hawaii) gegen ein Golfprojekt demonstrieren und Unterschriften sammeln. Eine JAL-Tochterfirma plant in South-Kona in Hawaii eine große Ferienanlage samt Golfplatz. Kritiker befürchten schwere Umweltschäden sowie die Zerstörung historischer Kulturstätten der Ureinwohner. Zudem geht von dem Projekt eine Signalwirkung auf zwanzig weitere Golfprojekte japanischer Firmen in dem US-Bundesstaat aus. Dort gibt es bereits an die hundert Plätze, davon die Hälfte in japanischem Besitz.

Der Anti-Golf-Tag wurde erstmals 1993 ausgerufen, nachdem GAG'M auf einer Konferenz im malaysischen Penang gegründet wurde. 1994 wurde zum No Golf Year erklärt, seitdem kämpft das Bündnis weltweit gegen den Golfsport. Gefordert wird ein Moratorium für neue Anlagen sowie die Überprüfung bestehender. GAG'M ist sowohl gegen Golf als zukünftige olympische Disziplin als auch gegen Werbung für Golftourismus.

Bei dem aus Schottland stammenden Golfsport paßten sich ursprünglich Spiel und Spielfeld der Landschaft an. Heute ist es umgekehrt: Die 60 bis 100 Hektar große Fläche, die ein 18-Loch-Platz benötigt, wird zunächst mit schweren Maschinen in eine Mondlandschaft verwandelt. Die obere Erdschicht wird abgetragen und ausgewechselt. Berge werden gesprengt, Hügel planiert, Wälder gerodet und Feuchtgebiete trockengelegt. Wenn der Lebensraum von Pflanzen und Tieren zerstört ist, wird mit standortfremden Monokulturen und großen Mengen Agrochemie bei hohem Wassereinsatz eine sterile Kunstlandschaft geschaffen, die den Golfspielern die Illusion von „freier Natur“ vermittelt.

In den asiatischen Boomländern stieg mit zunehmender Industrialisierung und Verstädterung die Nachfrage nach naturverbundener Freizeitgestaltung. Vorreiter dieser Entwicklung ist Japan, wo die Zahl der Golfplätze ab Mitte der 70er Jahre rapide anstieg. Heute 15 Millionen Spielern gilt es als das „golfverrückteste“ Land der Welt. In Japan ist Golf extrem teuer. Die Mitgliedsgebühren in elitären Golfclubs stiegen zeitweise auf bis zu eine Million US-Dollar. Golfplätze entwickelten sich zu Spekulationsobjekten. Clubmitgliedschaften wurden zu vererbbaren Kapitalanlagen, mit denen Makler handelten, bis vor drei Jahren der Markt zusammenbrach und die Regierung regulierend eingreifen mußte. Heute kostet die Mitgliedschaft in einem teuren Club bis zu 400.000 US-Dollar, preiswertere gewähren schon für 50.000 Zutritt.

Durch die Aufwertung des Yen und die staatliche Tourismusförderung wuchs ab Mitte der 80er Jahre der japanische Golftourismus. Für Japans Golfspieler ist es günstiger, für ein paar Tage nach Südostasien zu jetten, als zu Hause auf vollen Plätzen den Schläger zu schwingen. In der Umgebung der Ballungszentren wird es immer schwieriger, Raum für neue Plätze zu finden. Golf verschärft die Konkurrenz um das begrenzte Gut Boden. Verdrängungen und Vertreibungen sind die sozialen Folgen. Um den empfindlichen, kurzgeschnittenen Rasen grün zu halten, werden große Mengen an Kunstdünger und Pestiziden eingesetzt. Nach einer Studie aus der Präfektur Kanagawa werden auf Golfplätzen 8,5mal soviel Pestizide eingesetzt wie auf Reisfeldern. Der hohe Chemieeinsatz gefährdet das Personal, die Spieler, Anwohner und Gewässer in der Umgebung.

In Japan gibt es heute 47 Bürgerinitiativen gegen Golfplätze. „Seit 1988 wurde der Bau von über 900 Golfplätzen verhindert“, sagt Gen Morita aus Kamogawa. Der Koordinator des 1992 in Tokio gegründeten Global Network for Anti-Golf Course Action (GNAGA), einer Gründungsorganisation von GAG'M, gibt die Zahl der Golfplätze in Japan mit 2.085 an.

Mit dem „Visit Thailand Year“ 1987 und durch das Wirtschaftswachstum begann auch in dem südostasiatischen Königreich der Golfboom. Die in Bangkok lebende Tourismusexpertin Anita Pleumarom sagt, es gebe über 200 Plätze in Thailand. 1980 waren es erst 42. „Die Nachfrage nach Land für Golfplätze und Tourismuskomplexe ist eine der wichtigsten Gründe für die Bodenspekulation“, sagt Pleumarom. Golfanlagen entziehen der Landwirtschaft wichtige Produktionsflächen. Zusammen mit Hotels, Restaurants etc. werden die Plätze ohne Umweltverträglichkeitsprüfungen als sogenannte Golf & Country Clubs gebaut.

In Thailand verbraucht ein Golfplatz täglich 65.000 Kubikmeter Wasser – sowiel wie 15.000 Stadt- oder 60.000 Dorfbewohner. 1994 stellte das Königliche Bewässerungsamt während der schweren Dürre fest, daß 13 Golfplätze illegal Wasser gezapft hatten. Während den Bauern die zweite Reisaussaat verboten wurde, blieben die Golfplätze grün. Dafür hatte der Armeechef ein Herz für die dürregeplagten Bauern. Er rief den 25. April zum Thai Golf Day aus und forderte Golfspieler auf, für arme Bauern zu spenden.

In Malaysia gibt es 165 Golfplätze, in Indonesien 90 und auf den Philippinen 80, die Tendenz ist jeweils steigend. Im malaysischen Penang konnten die Golfgegner ein großes Projekt verhindern. In Indonesien dagegen gibt es zur Zeit harte Auseinandersetzungen um drei Golfprojekte, wobei es zu Zwangsumsiedlungen und Verhaftungen kam. Während der Golfboom in Thailand wegen eines Überangebots an Plätzen mittlerweile nachgelassen hat, werden jetzt zunehmend in Vietnam, Burma, Laos, Kambodscha und Südchina neue Plätze gebaut. Golfanlagen gelten als weiche Standortfaktoren für Investitionsentscheidungen internationaler Konzerne. GAG'M kämpft jetzt darum, den Nachzüglern die Augen zu öffnen. Wie nötig das ist, zeigt ein Fall aus dem vietnamesischen Vung Tau. Dort zerstörten taiwanesische Investoren an einem Ausflugsort 230 Hektar Pinienwald für einen Touristenkomplex samt Golfplatz, um dann festzustellen, daß es an dem Platz ohne die Bäume zum Golfspielen zu windig ist.